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: Wir haben es verdient

Vier Klubs kämpfen in Liga zwei um die letzten beiden Nichtabstiegsplätze. Die Fans wissen, wie es ausgehen muss

„Es müssen nur alle gleich spielen“, erklärt der „Schreck vom Niederrhein“. „Wenn alle gewinnen, ist es uns recht, und wenn alle verlieren, auch.“ Der Schreck vom Niederrhein heißt Lothar Dohr und ist so etwas wie der Oberanhänger von Rot-Weiss Essen. Seit 1974 kletterte er unzählige Male auf eine Stange vor der Fantribüne und fragte: „Wer ist der Schreck vom Niederrhein?“ Und die Menge antwortete: „Rot-Weiss Essen“. Inzwischen ist er Fanbeauftragter eines Klubs, der mit drei anderen Vereinen um die zwei letzten Nichtabstiegsplätze kämpft. Vier Vereine liegen mit 35 Zählern punktgleich auf den Plätzen 13 bis 16. Essen hat das beste Torverhältnis. Jena und Offenbach mit jeweils minus 17 Toren die schlechteste Tordifferenz. Dazwischen steht die Spielvereinigung Unterhaching.

Lothar Dohr hört sich nicht gut an zwei Tage vor dem Showdown. Essen spielt am Sonntag gegen den MSV Duisburg, der unbedingt den dritten Tabellenplatz verteidigen und in die erste Liga aufsteigen will. „Das ist bitter“, sagt er so, als gäbe es keine Hoffnung. Ausgerechnet Duisburg! „Die haben als Aufstiegskandidat nur 2.000 Zuschauer mehr im Schnitt als wir“, lästert er. In Bochum sei auch nichts los. „Wir sind die dritte Kraft im Ruhrgebiet“, sagt Dohr. Wegen der Fans, da ist er sich sicher, gehört Rot-Weiss in die Zweite Liga.

Andreas Holzhammer ist der Vorsitzende des Fanklubs „Haching Supporters Crew“. Am Sonntag fährt er nach Rostock zum Tabellenzweiten. Holzhammer tippt auf Sieg, „aber nur weil ich Optimist bin“. Er weiß, dass gerade Anhänger von sogenannten Traditionsklubs manchmal ein wenig hämisch reagieren, wenn vom Unterhachinger Support die Rede ist. Holzhammer weiß sich zu wehren: „Es kommt ja nicht darauf an, wie viele Fans ein Verein hat, sondern wie er Fußball spielt.“ Haching sei der Verein für die Lokalpatrioten. Während des Gesprächs läutet sein Handy. Als Klingelton hat er den Bayerischen Defiliermarsch eingestellt. Hachingfans seien anders, setzten sich von der Masse ab. „Hachinganhänger sind individualistischer“, sagt der Student. Wegen der Fans, da ist er sich sicher, gehört die SpVgg Unterhaching in die Zweite Liga.

„Und jetzt das“, sagt Michael Förster. Anfang des Jahres standen die Offenbacher Kicker einmal kurz auf Platz sechs der Tabelle. Förster, der Verwaltungsbeamte aus Gelnhausen, der seit 30 Jahren Fan des OFC ist, ist der Klassenerhalt vor allem deshalb wichtig, weil es in Hessen sonst keinen Gegenpol zur Eintracht mehr gebe. Als reinen Anti-Frankfurt-Klub sieht er die Kickers dennoch nicht und schwärmt vom Bieberer Berg, der alten Offenbacher Kampfbahn. „Wenn die Fans von auswärts kommen, die jetzt alle eine Arena haben, dann schwärmen sie und sagen: Das hat es bei uns früher auch einmal gegeben.“ 18.000 Fans, so glaubt er, werden den OFC nach Kaiserslautern begleiten zum finalen Spieltag. Die Fans, auf die habe sich der Klub auch zu Oberligazeiten verlassen können, die seien immer in „rauen Mengen“ gekommen. Wegen der Fans, da ist sich Förster sicher, gehören die Offenbacher Kickers in die Zweite Liga.

„Als dann der Durchmarsch in die Zweite Liga gelungen ist, „war das natürlich Wahnsinn!“ Uwe Kaiser ist der Vater des Jena-Fanclubs „Family“, dem außer seiner Familie noch die Familie Würdig und die Familie Koch angehören. Seit der Klub die Niederungen der Oberliga Nordost verlassen hat, sei ein regelrechter „Boom“ entstanden. Endlich seien im Stadion auch neue Gesichter zu sehen, „die das alte Carl Zeiss Jena“ gar nicht kennen. Und weil Kaiser glaubt, dass Jena nach einer Saison, in der eigentlich alles schiefgelaufen ist, endlich einmal Glück haben wird, fährt der Lehrer am Sonntag nach Augsburg und will da mit 4.000 anderen Jenaern für Heimspielatmosphäre sorgen („Das muss klappen“). Wegen der Fans, da ist sich Förster sicher, gehört der FC Carl Zeiss Jena in die Zweite Liga.

ANDREAS RÜTTENAUER