Papa, können Schulen wachsen?

In Prenzlauer Berg wohl. Denn ausgerechnet eine der Grundschulen, die aus Platzgründen viele Erstklässler aus der direkten Nachbarschaft ablehnen muss, soll nun 100 neue Hortkinder aufnehmen. Den Eltern leuchtet das nicht ein

Wer hat sich das nur ausgedacht? Ausgerechnet eine der Pankower Grundschulen, die aus Platzgründen im nächsten Schuljahr nicht alle Erstklässler der Nachbarschaft aufnehmen können, soll nun 100 weitere Hortkinder aufzunehmen. Dies erfuhren die Trägervereine der Schülerläden, die bisher die Nachmittagsbetreuung der Kinder leisten, von der Pankower Schulstadträtin Lioba Zürn-Kasztantowicz (SPD). Die kündigte ihnen bereits an, deren Verträge nicht zu verlängern.

Damit gießt die Stadträtin Öl ins Prenzlberger Feuer. Seit Wochen laufen Eltern dort bereits Sturm. Der Auslöser: Die Grundschulen der direkten Nachbarschaft bieten für die wachsende Zahl von Erstklässlern nicht mehr genug Platz. Einige Kinder werden deshalb auf weiter entfernte Schulen geschickt – ausgesucht werden sie per Losentscheid (taz berichtete).

Dass mit der Grundschule an der Marie im Winskiez nun ausgerechnet eine Schule, die laut Schulamt für eine weitere 1. Klasse zu klein ist, Raum für 100 neue Hortkinder bieten soll, leuchtet den betroffenen Eltern nicht ein. Aber nicht nur die Raumfrage bringt sie auf die Palme: Mit der Änderung würde an der Schule ein „Mega-Hort“ mit fast 300 Kindern entstehen, klagt Dominik Müller, Mitbegründer eines Schülerladens. Kindgerechte Betreuung sei da kaum mehr möglich. Und: „Die in vielen Jahren gesammelten Erfahrungen und speziellen Angebote der Schülerläden werden einfach weggespart.“

Hortplätze aus freier Trägerschaft in die Schulen selbst zu verlagern, ist gängige Praxis der Schulverwaltung. Sie ist Teil der Umgestaltung der Grundschulen zu Ganztagseinrichtungen. Und eine Sparmaßnahme: Es entfallen damit nicht nur die Mietzahlungen für externe Räume. Der Senat kann in den Schulhorten auch statt des Personals freier Träger im Überhang befindliche ErzieherInnen des öffentlichen Dienstes beschäftigen – deren Gehalt er sowieso bezahlen muss.

In anderen Bezirken ist dieser Prozess längst im Gange. Dass er nun auch in Pankow beginnt, ist also nicht überraschend. Warum aber ausgerechnet eine der bereits umkämpften Grundschulen zum Objekt der Umgestaltung wird – da schieben Senat und Bezirk sich gegenseitig den Schwarzen Peter zu. Es sei allein Sache des Bezirks zu entscheiden, an welcher Schule er Änderungen vornehmen will, sagt die Senatsbildungsverwaltung. Es sei vom Senat gefordert worden, genau an dieser Schule zu prüfen, sagt dagegen die Stadträtin. Obwohl sie den Trägern der Schülerläden das Ende der Verträge bereits angekündigt hat, ist für Schulstadträtin Zürn-Kazstantowicz noch nichts entschieden. Es sei gar nicht geklärt, ob die Schule tatsächlich Platz für 100 neue Hortkinder biete, so die Stadträtin gestern. Man befinde sich diesbezüglich mit der Senatsverwaltung für Bildung „noch im Gespräch“: „Ich sehe das nicht, dass das so wird.“

Unklar geblieben ist bislang auch die Frage, wie viele Erstklässler die Grundschule an der Marie nächstes Schuljahr tatsächlich aufnehmen wird. Eigentlich sollte ein Gespräch zwischen Schulverwaltung und Bezirk am Montag Klarheit schaffen. Die Stadträtin dementiert jedoch: Es sei nie das Ziel jenes Gespräches gewesen, diese Frage zu klären. Stattdessen seien „mehrere Modelle diskutiert worden“. Eltern und Kinder wollen sich am nächsten Mittwoch mit einem Aktionstag gegen die drohende Schließung ihrer Schülerläden wehren. ALKE WIERTH