: Handtäschchen brennt!
Alarm in Polen: Teletubbie Tinky Winky steht aufgrund seiner Handtasche unter Homosexualitätsverdacht
Sie machen sich ja inzwischen um alles Sorgen, diese polnischen Konservativen, Klerikalen und Nationalisten: Neulich erfuhr die Ombudsfrau für Kinderfragen, Ewa Sowińska, die TV-Serie „Teletubbies“ sei ein trojanisches Pferd, mit dem ihr Volk mürbe und dekadent werden solle. Tinky Winky nämlich trage eine Handtasche – die Dame aber hörte, diese Figur sei männlich und keineswegs ein Mädchen. Die Verwechslung muss der obersten Kinderschützerin ihres Landes einen erbarmungswürdigen Albtraum beschert haben!
Nun ließe sich leicht sagen, um den Fall der polnischen Furcht vor Dekadenz und Verweichlichung nicht ins Lächerliche zu ziehen, dass sie sich irre. Dass die Teletubbies geschlechtsneutral quietschten, lallten und grunzten. Aber das ist irrig und ein Quatsch. Denn damals, vor sieben Jahren, als die Teletubbies in deutschen Familien neue Formen des Kindersprechens begünstigsten, wusste bei uns jedeR: Tinky Winky ist ein Junge, der wie alle Jungs bunte Handtaschen liebt. Möglicherweise ist er obendrein ein Homosexueller im Wartestand, quasi im Larvenstadium. Oder ein Junge, der mit oder ohne Täschchen zum Hetero wird. Wir wussten das nicht: Woher auch?
Andererseits müsste auch die Ombudsdame, der, so scheint’s, an der Verbreitung von sexuell aufgeladener Gräuelpropaganda mehr gelegen ist als am Kindeswohl, eines wissen: Das bei uns zuletzt in den Siebzigern bei allen Männern beliebte Herrenhandtäschchen war ein Tragebehältnis, das schwuler nicht machen konnte. In Polen, überhaupt in Osteuropa ist es nie aus der Mode gekommen – dort sagt niemand „Detlevtäschchen“. Man beobachte in Warschau, Posen, Danzig oder Breslau oder gleich in der tiefen Provinz eine Straße am Freitagabend: geschlechtsreife Burschen mit Handtasche auf der Jagd nach Mädchen. Alles nur Täuschung?
Unsinn. Sollte Sowińska, die Ahnungslose, nicht besser, ehe sie weiter niedliche TV-Figuren mit ihren persönlich miesen Fantasien auflädt und diese der Öffentlichkeit partout nicht vorenthalten will, der Handtaschenindustrie ihres Landes samt deren männlichen Kunden das Handwerk legen? JAF
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen