: Gangsta-Rap im Bürgerhaus
Bei der CDU dominieren die Männer auf den aussichtsreichen Plätzen für die Bürgerschaftswahl. Mehrere Kampfkandidaturen von nicht berücksichtigten Frauen auf dem heutigen Parteitag erwartet
Am Sonntag will auch die FDP auf einem Parteitag ihre Liste aufstellen. Für Platz 1 tritt Parteichef Wieland Schinnenburg an, auf Platz 2 der Noch-Bezirksamtsleiter von Altona, Hinnerk Fock. Bei den Liberalen sind diverse Kampfkandidaturen Tradition, das wird morgen nicht anders sein. Am 23. Juni folgt der Listenparteitag der SPD. Klar ist hier die Spitzenkandidatur von Michael Naumann. Danach wurden vom Landesvorstand gesetzt: Bürgerschafts-Vizepräsidentin Barbara Duden, Fraktionschef Michael Neumann sowie Mathias Petersen und Dorothee Stapelfeldt. Die Linkspartei will sich Anfang Juli um Personalien kümmern, die GAL erst im Herbst. Als sicher gilt dort die erneute Spitzenkandidatur von Fraktionschefin Christa Goetsch. SMV
VON SVEN-MICHAEL VEIT
Für Bettina Bliebenich wird es eng. Nach zehn Jahren im Parlament droht der Christdemokratin aus Rahlstedt das Ende ihrer politischen Karriere. Ihre Partei hat sie nicht wieder zur Bürgerschaftswahl aufgestellt. Es wäre ein tiefer Sturz, denn die 46-Jährige ist immerhin Vize-Präsidentin der Hamburger Bürgerschaft.
Offiziell ist keine Begründung zu erhalten für ihre Nicht-Nominierung im Wahlkreis und auch auf der Landesliste der CDU, die heute auf einem Parteitag im Bürgerhaus Wilhelmsburg beschlossen wird. Auch die Frau, die das prominenteste Opfer in dem mit harten Bandagen geführten Hickhack um Mandate zu werden droht, schweigt. Doch gehen führende Christdemokraten davon aus, dass Bliebenich zur Kampfkandidatur um einen vorderen Platz antreten wird.
Ebenso wie Jugendpolitikerin Stefanie Strasburger, die nach nur vier Jahren im Parlament von den Parteioberen nicht mehr berücksichtigt wurde, ohne dass der Grund dafür ersichtlich ist. Zurzeit kämpft sie deshalb mit kraftvollen Pressemitteilungen gegen das vermeintlich jugendverderbende Konzert des Gangsta-Rappers Bushido in einer Woche im Stadtpark – und heute um ihre politische Karriere.
Vermutlich auch mit dem Hinweis auf das Frauenquorum, das in der Parteisatzung so tief verankert ist, dass es mit penetranter Regelmäßigkeit übersehen wird. 83 KandidatInnen für Direktmandate in den 17 Wahlkreisen hat die CDU nominiert, darunter nur 19 Frauen. Auf den als sicher geltenden Plätzen 1 und 2 rangieren nur noch fünf Frauen, aber 29 Männer. Das sei „eben Basisdemokratie“, sagt Parteichef Dirk Fischer.
Könnte Mann so sehen, denn es gibt ja noch die Liste. Dort rangieren auf den als aussichtsreich geltenden ersten 23 Plätzen immerhin acht Kandidatinnen. Um den frauenpolitischen Nachholbedarf aus den Wahlkreisen zu erfüllen, müssten es jedoch etwa 14 Frauen sein.
Zum Beispiel für Bliebenich und Strasburger oder für andere Christdemokratinnen, die weiter hinten auf der Liste stehen wie die Frauenpolitikerin Marita Meyer-Kainer auf Platz 42. „Wir drängen darauf, dass das Quorum erfüllt wird“, sagt die 52-Jährige. Dazu aber müsste sie dem einen oder anderen Christdemokraten den Rang ablaufen.
Als erster Wackelkandidat gilt Vielen der parteilose Lutz Mohaupt auf Platz 18. Der einstige Hauptpastor und jetzige Senatssprecher, der zum August das Pensionsalter erreicht, erhielt vom Landesvorstand eine Wildcard. Eine Personalie, über die es in der CDU mehr als eine Meinung gibt. Auch Newcomer Hjalmar Stemmann, von Handelskammer und Parteiführung vorgeschlagen, wird sich vermutlich einer Gegenkandidatin erwehren müssen.
Unangefochten sind nur die ersten acht Plätze auf der Landesliste. An Ole von Beust, der Zweiten Bürgermeisterin und Parteivize Birgit Schnieber-Jastram, Finanzsenator und Parteivize Michael Freytag, Fraktionschef Bernd Reinert und Parlamentspräsident Berndt Röder führt kein Weg vorbei. In Sicherheit wähnen dürfen sich auch die drei nachfolgenden Frauen: Schulsenatorin Alexandra Dinges-Dierig, Wirtschaftspolitikerin Barbara Ahrons und Fraktionsvize Karen Koop. Aber ab Platz neun, dem von Altonas Kreischef Hans-Detlef Roock, dürfte heute im Bürgerhaus um die Plätze gerungen werden.
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