: Betr.: kinotaz nord
A
Alraune Deutschland 1952, R: Arthur Maria Rabenalt, D: Hildegard Knef, Erich von Stroheim
„Infolge eines zynischen Experiments, bei dem eine Dirne mit dem Samen eines gehenkten Mörders künstlich befruchtet wird, kommt Alraune auf die Welt – eine betörende Frau von destruktiver Gefühllosigkeit. Eine Verfilmung des phantastisch-erotischen Kolportage-Romans, die nicht die Faszination der Adaptionen von 1919 und 1927 erreicht; dennoch in der düsteren Bildwirkung durchaus beeindruckend.“ (Lexikon des internationalen Films) H
Angry Monk – Eine Reise durch Tibet Schweiz 2005, R: Luc Schaedler / Originalfassung mit Untertiteln
“Während der Westen den tibetischen Buddhismus gerade wegen seiner passiven Modernitätsverweigerung schätzt, wirft der Dokumentarfilm einen anderen Blick auf Tibet: Er porträtiert den Lama Gendun Choephel, der sich 1934 vom Klosterleben abwandte, um die sich modernisierende Welt zu bereisen. Seine Kritik an einem Buddhismus, der sich von der Welt abschottet und in sinnentleerte Rituale zurückzieht, ist doppelt relevant: historisch als Warnung, dass ein erstarrtes Tibet der rasanten Ideologie Chinas nichts entgegenzusetzen hat, aktuell, weil sie das westliche Bild des Buddhismus als vage ‚Lifestyle-Spiritualität‘ entlarvt. Diese doppelte Sinnspitze spiegelt sich auch in der Form, wenn der Bericht des Mönchs durch die Reisebilder der Gegenwart konterkariert wird. Umso klarer wird, wie drängend Choephels Forderung nach einer selbstbewussten tibetischen Kultur ist, die sich gegen die Unterdrückung durch den Osten, aber auch gegen die Vereinnahmungen des Westen zur Wehr setzen kann.“ (filmdienst) HB
Arthur und die Minimoys Frankreich 2006, R: Luc Besson, D: Mia Farrow, Freddie Highmore
„Luc Besson gelingt mit seinem in einer Kombination aus Realfilm und Computeranimation gedrehten Kinderfilm um die Abenteuer eines Volks von Gartentrollen lediglich ein milde langweilendes Fantasy-Opus mit hässlichen Figuren, die gut und gerne der Ramschecke eines Spielzeugladens entsprungen sein könnten. Warum nur müssen diese Trolle immer spitze Ohren haben? Kann man sich da nicht einmal etwas Neues einfallen lassen? „Fantasy“ kommt doch schließlich von Fantasie und nicht von Drittverwertung längst ausgelutschter Ideen.“ (tip) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
Die Aufschneider Deutschland 2006, R: Carsten Strauch, D: Carsten Strauch, Rainer Ewerrien
„Von zwei benachbarten Kliniken muss eine laut ministerieller Ankündigung der Gesundheitsreform weichen. Zwischen den Häusern entbrennt ein erbitterter Konkurrenzkampf, wobei die gemütlich-skurrile Eichwald-Klinik mit ihrer ebenso inkompetenten wie sympathischen Belegschaft gegen das schicke, hochtechnisierte St. Georg-Krankenhaus, dessen Leiter in dubiose Organspendeaffären verwickelt ist, äußerst schlechte Karten zu haben scheint. Scharfzüngige Satire auf das Krankenhaus-Genre in Film und Fernsehen, die mit deftigem, anarchischem Humor das deutsche Gesundheitssystem seziert.“ (filmdienst) H, HB, HH, HL, KI, OL
Außer Atem – A bout de souffle Frankreich 1959, R: Jean-Luc Godard, D: Jean Seberg, Jean-Paul Belmondo / Originalfassung mit Untertiteln
“Als Godard 1959 den Film drehte, hatte er, so sagt er, vom Filmemachen keine Ahnung, er wusste nur, dass er allen Verboten aus dem Weg gehen wollte. Was er aber hatte, das war eine Lust zu spielen, sich auf unberechenbare Situationen einzustellen. Seinen Hauptdarsteller Belmondo etwa, einfach phantastisch in dieser Rolle, ein selbstgesprächiger Spinner, einfallsreich, noch gut aussehend, supercool, wie Paris aus den Rippen geschneidert. Oder Jean Seberg, die lebensdurstige Patricia, die sich vor der Unfreiheit durch Liebe fürchtet und mit einem wunderbaren amerikanischen Akzent spricht. Ein wunderschön bitter-süßer Film in einem vernebelten Schwarz-Weiß, mit halsbrecherischen Kamerabewegungen durch engste Interieurs, mit einer coolen Klang-Kulisse. Was soll man noch sagen?“ (taz) H
B
Babel USA 2006, R: Alejandro González Iñárritu, D: Brad Pitt, Cate Blanchett
„Der mexikanische Regisseur Alejandro Gonzáles Iñárritu stellt die babylonische Sprachverwirrung als metaphorisches Leitmotiv über ein kunstvolles Konstrukt von ineinander verwobenen Geschichten aus verschiedenen Ecken der globalisierten Welt. Ein Film über Liebe und Tod, Weltpolitik und Verteilungskämpfe, der trotz einiger Mängel im Detail große intellektuelle und emotionale Wucht entfaltet.“(tip) H, HB, HH, HL, KI, OL
Bamako Frankreich/USA 2006, R: Abderrahmane Sissako, D: Aïssa Maïga, Maimouna Hélène Diarra
„Im Innenhof eines populären Wohnquartiers im Zentrum der Hauptstadt Malis findet eine fiktive Gerichtsverhandlung über die realen Auswirkungen der neoliberalen Wirtschaftspolitik von Weltbank und Währungsfonds statt. Zur Debatte steht die zunehmende Verarmung der Bevölkerung Afrikas. Dem gewichtigen Sachverhalt begegnet Abderrahmane Sissako mit filmästhetischer Leichtigkeit und einer faszinierenden Montage von afrikanischem Alltag und juristischem Diskurs. Für seinen ebenso politischen wie poetischen Film konnte der im Hof des Geschehens aufgewachsene Regisseur einen veritablen Gerichtspräsidenten sowie namhafte französische und afrikanische Advokaten und Advokatinnen gewinnen. In den Zeugenaussagen spiegelt sich neben Misere das reiche Spektrum afrikanischer Kultur vom Gesang des Griot bis zur eindringlichen Anklage der ehemaligen Kulturministerin Malis, der Schriftstellerin Aminata Traoré.“ (Neue Zürcher Zeitung) HH
Blood Diamond USA 2006, R: Edward Zwick, D: Leonardo DiCaprio, Djimon Hounsou
„Während des Bürgerkriegs in Sierra Leone in den 1990er-Jahren eröffnen diverse Parteien auf der Jagd nach einem riesigen Diamanten einen Nebenkriegsschauplatz. Der packende Abenteuerfilm arrangiert geschickt die Klischees und Stereotypen des Genres und verdichtet sich nicht zuletzt dank seines souverän agierenden Hauptdarstellers zu einem grandiosen Spektakel vor überwältigender Kulisse. Dabei schreckt er in seiner Figurencharakterisierung freilich nicht vor grober Schwarz-Weiß-Zeichnung zurück und unterläuft durch die Auslassung einiger politischer Bezüge seine eigene moralisierende Anklage.“ (filmdienst) DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
Bonanza USA 1961, R: Robert Altman, D: Lorne Greene, Michael Landon / Originalfassungen ohne Untertitel
Zwei Episoden von der TV-Westernserie, bei denen Robert Altman Regie führte. HH
Bungalow Deutschland 2002, R: Ulrich Köhler, D: Lennie Burmeister, Trine Dyrholm
„Die Geschichte eines Bundeswehrrekruten in der Provinz, wo die Autos mit MR-Nummernschildern um kleine Berge herumkurven. Nicht viel los hier. Regisseur Ulrich Köhler selbst kommt aus der Gegend bei Marburg und hat sich für sein Debüt bewusst für die Provinz entschieden. In „Bungalow“ geht es um eine Welt, in der es keine wirklich existenziellen Konflikte mehr gibt - ein wohl relativ typisches Lebensgefühl seiner Generation. Die Problemzonen haben sich ins Private verschoben, hier ist es ein Bruderkonflikt, den Köhler inszeniert wie ein ins Stocken geratenes Gespräch. Ein Film mit wenig Text, aber viel glaubhaftem Lebensgefühl.“ (taz) HH
C
Chanson d’ Amour Frankreich 2006, R: Xavier Giannoli, Gerard Depardieu, Cecile De France
„Xavier Giannolis Film ist die emphatisch liebevolle Studie eines halbseidenen Berufes: Gérard Depardieu brilliert als Ballhaussänger, der in der französischen Provinz sein nostalgisches Publikum mit Schlagern aus deren Jugend umschmeichelt und sich in eine 30 Jahre jüngere Frau (Cécile de France) verliebt.“ (tip) H, HB, HH, HL, KI, OL
Citizen Kane USA 1941, R: Orson Welles, D: Orson Welles, Joseph Cotton
“Wir lieben diesen Film abgöttisch, weil er so vollständig ist – psychologisch, sozial, poetisch, dramatisch, komisch, grotesk. ‚Kane‘ demonstriert zugleich den Willen zur Macht und macht sich darüber lustig: Er ist eine Hymne auf die Jugend und eine Meditation über das Altern, eine Studie der Eitelkeit allen Ehrgeizes und ein Gedicht über der Verfall. Und unter all dem eine Reflexion über die Einsamkeit von außergewöhnlichen Menschen, über Genies oder Monsters, monströse Genies.“ (Francois Truffaut) HH
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Departed: Unter Feinden USA 2006, R: Martin Scorsese, D: Leonardo DiCaprio, Jack Nicholson
Was für ein düsteres Ende! Mit der Unausweichlichkeit einer griechischen Tragödie wird hier eine Geschichte abgeschlossen. Keinem der Protagonisten werden Rettung oder Vergebung gegönnt. Martin Scorsese ist der nihilistischen Essenz der Vorlage „Infernal Affairs“ treu geblieben, ohne dabei den Stil des Actionfilms aus Hongkong zu kopieren. Und in den Dialog lauert immer ein boshafter Witz, der aber nie zynisch wird, weil Scorsese bei aller Virtuosität bei der Inszenierung nie die Charaktere aus den Augen verliert. Darum verirrt sich der Zuschauer nie im labyrinthischen Plot. „Departed“ ist als Genrefilm extrem spannend und unterhaltend, aber er hat auch jenen ästhetischen Mehrwert, der die Klassiker von den nur gute gemachten Filmen unterscheidet. (hip) H, HB, HH, KI, OL
Dreamgirls USA 2006, R: Bill Condon, D: Jamie Foxx, Jennifer Hudson
„Die Verfilmung des 1981 uraufgeführten Broadwaymusicals bleibt der Vorlage treu, hat weniger Tanz, aber mehr musikalisches Gewicht als ‚Chicago‘ zu bieten, auch wenn einige Songs eher der Beschreibung emotionaler Zustände als dem Hörvergnügen verpflichtet sind. Im Film ist es schließlich wie in der Story. Beyoncé ist der größere Blickfang und Namen, aber Jennifer Hudson dank ihrer Stimme der heimliche Star.“ (Blickpunkt:Film) DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
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Die Farbe der Milch Norwegen/Schweden 2004, R: Torun Lian, D: Julia Krohn, Bernhard Naglestad
„Ein zwölfjähriges Mädchen erlebt während des norwegischen Sommers trotz seiner anfänglichen Skepsis gegenüber romantischen Gefühlen die erste Liebe. Während es ein Freund still, aber hartnäckig umwirbt, schwärmt es für einen wesentlich älteren Jungen, der ihm ein Rätsel aufgibt: Welche Farbe hat Milch in ihrem Inneren? Die stimmungsreiche, mal amüsante, mal leicht melancholische, nie aber verniedlichende Adaption eines Kinderbuchs, die sich offensiv und unverblümt dem kindlichen Umgang mit Gefühlen und essenziellen Themen wie Liebe, Sexualität und Tod widmet.“ (filmdienst) HB, HH
Fast Food Nation USA 2006, R: Richard Linklater, D: Wilmer Valderrama, Catalina Sandino Moreno
Mit „Fast Food Nation“ hat Richard Linklater einen kritischen Bestseller über die Nahrungsindustrie der USA gedreht, und hat dabei dem Sachbuch einen fiktiven Rahmen übergestülpt. Das Ergebnis ist zwiespältig, denn einerseits bekommt man viele interessante Informationen über die ökologischen und lukullischen Sünden der Amerikaner, andererseits sind die Filmfiguren aber offensichtlich nur Vehikel, um diese Fakten filmisch halbwegs spannend zu vermitteln. (hip) H
Flags of Our Fathers USA 2006, R: Clint Eastwood, D: Adam Beach, Jesse Bradford
„Das berühmte Foto Joe Rosenthals, das 1945 drei US-Marines beim Hissen der amerikanischen Flagge nach der Einnahme der japanischen Insel Iwo Jima einfing, dient Regisseur Clint Eastwood als Aufhänger für ein filmisches Psychogramm seines Heimatlandes. Von dem durch Verluste gezeichneten japanischen Kriegsschauplatz heimgekehrt, werden die drei jungen Soldaten zu Helden stilisiert und auf eine Propaganda-Tour durch ein kriegsmüdes Amerika geschickt. Zeitlich verschachtelt werden die Schreckensbilder ihrer traumatischen Erlebnisse und die später erfolgte Neuinterpretation der Geschehnisse einander gegenübergestellt – und somit die historische Wahrheit eines Fotos, das um die Welt ging, hinterfragt.“ (Rheinischer Merkur) H, HB, HH, KI
Flutsch und weg USA 2006, R: Henry Anderson, David Bowers, Sam Fell
Die eingebildete Hausmaus Roddy St. James muss erst durch die Toilette in die Kanalisation gespürt werden, um dort durch die freche Girliemaus Rita zu erkennen, dass es ein Rudeltier ist und nichts in einem einsamen Käfig verloren hat. All das eklige Getier: die Mäuse, Ratten, Fliegen, Frösche, Kröten und Schnecken werden hier zu Helden. In einer parallelen Unterwelt hat sich das Ungeziefer in der Kanalisation eine Miniaturausgabe von London gebaut, in der die Towerbridge, der Piccadilly-Circus und noch viele andere Sehenswürdigkeiten aus Abfall zusammengebastelt wurden. Bei diesem Film begeistert besonders der Witz im Detail: die vielen Anspielungen, die von Filmzitaten aus African Queen und James Bond bis zu Kafka und Marcel Marceau reichen. Die Mischung aus Claymotion und Computeranimation wirkt wie aus einem Guss und die einzelnen Figuren sind so einfallsreich entworfen, dass jedes Tierchen seine unverwechselbare Persönlichkeit hat. Wer kann noch ruhigen Gewissens eine Mausefalle aufstellen, nachdem er diesen Film gesehen hat? (hip)
H, HB, HH, KI, OL
The Fountain USA 2006, R: Darren Aronofsky, D: Hugh Jackman, Rachel Weisz
„‚The Fountain‘ ist ein Jungbrunnen mit umgekehrter Wirkung, denn er lässt seinen Regisseur, Hollywoods Wunderkind Darren Aronofsky (‚Requiem for a Dream‘), recht alt aussehen. Auf drei Zeitebenen erzählt der Film die Liebesgeschichte eines Paars und stürzt das Publikum mit kühnen Sprüngen zwischen dem 16. Jahrhundert, der Gegenwart und der fernen Zukunft in schwere Verwirrung. Bei angestrengtem Grübeln während des psychedelischen Bilderwirbels und der dröhnenden Rundumbeschallung brummt rasch der Schädel. Während die Figuren verzweifelt nach einem Mittel gegen den Tod suchen, wäre mancher Zuschauer schon mit einer Aspirin zufrieden.“ (Der Spiegel) H, HH
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Gosford Park USA 2001, R: Robert Altman, D: Allen Bates, Kristin Scott Thomas / Originalfassung mit Untertiteln
Ein Wochenende auf einem englischen Landsitz. Reiche und adelige Briten mit ihren Bediensteten, ein Mord, und nur jemand, der schon im Hause war, kann es gewesen sein. Jawohl, wir sind im Agatha-Christie-Land, und scheinbar hält sich Robert Altman an die fest gefügten Konventionen des Genres. Sein ,Gosford Park‘ ist auf den ersten Blick ein typisches ,british murder mystery‘. Man wartet förmlich auf den Auftritt von Peter Ustinov als Hercule Poirot. Aber man merkt schnell, dass der Blick tiefer geht, die Krimihandlung nur ein Vorwand ist, um das britische Klassensystem satirisch zu analysieren. Die Teilung in oben und unten durchzieht den ganzen Film. Alles was sich bei den Herrschaften abspielt, spiegelt sich beim Dienstpersonal. Die oben tun alles, die unten wissen alles! Und dieses komplexe Beziehungsgeflecht (mit Altmans typisch virtuosem Ensemblespiel, bei dem man trotz 36 größerer Rollen nie die Übersicht verliert) wird mit bissigem Witz und genauem Auge dargestellt. Der Film ist im Grunde eine Studie des Snobism. (hip) HH
H
Der Hals der Giraffe Frankreich, Belgien 2004 R: Safy Nebbou, D: Sandrine Bonnaire, Louisa Pili
“In Safy Nebbous Regiedebüt sind Mitglieder gleich dreier Generationen einer Familie unterwegs auf der Suche nach der verschollenen Großmutter: die aufgeweckte neunjährige Mathilde, ihre Mutter Hélène und der Großvater Paul, der einst jeden Kontakt zu seiner Frau abgebrochen hatte, als sie ihn wegen eines anderen Mannes verließ. Nebbous unprätentiöse Inszenierung hält Tragik und Komik der melodramatischen Suche sehr subtil in der Waage und verlässt sich vor allem auf die hervorragenden Schauspieler.“ (tip) HB
Hannibal Rising – Wie alles begann USA 2006, R: Peter Webber, D: Gaspard Ulliel, Gong Li
„Was Sie schon immer über Hannibal Lecter wissen wollten… In der vierten Saga über den berühmtesten Kannibalen der Filmgeschichte (‚Roter Drache‘ wurde zweimal verfilmt) geht es zurück zu den Anfängen Lecters, der hier von Newcomer Gaspard Ulliel (‚Mathilde‘) gespielt wird, um zu klären, wie er zu dem Monster werden konnte, das Filmgänger aus ‚Das Schweigen der Lämmer‘ oder ‚Hannibal‘ kennen. ‚Das Mädchen mit dem Perlenohrring‘-Regisseur Paul Webber inszenierte nach einer Originalgeschichte von Thomas Harris, die parallel zum Film in Romanform veröffentlicht wird.“ (Blickpunkt:Film) H, HB, HH, HL, KI, OL
Die Hollywood-Verschwörung USA 2006 , R: Allen Coulter, D: Adrien Brody, Ben Affleck
„True-Crime-Thriller über die bis heute ungeklärten Umstände, unter denen ‚Superman‘-Darsteller George Reeves 1959 ums Leben kam. Nach ‚Capote‘ und ‚Auto Focus‘ nimmt sich wieder ein engagierter Independent-Thriller mit Köpfchen und interessanten Überlegungen einer realen Bluttat mit Verbindungen zum Showbusiness an. Jeff Coulter hat sich einen Namen gemacht als versierter TV-Regisseur (‚Rom‘, ‚Six Feet Under‘) und konnte neben Oscar-Gewinner Adrien Brody, Bob Hoskins und Diane Lane auch Ben Affleck gewinnen, der nach beträchtlichem Karrieretief mit seiner einfühlsamen Darstellung des tragischen Darstellers des Mannes aus Stahls wieder reüssieren will.“ (Blickpunkt:Film) HB, HL
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Juha Finnland 1999, R: Aki Kaurismäki, D: Kati Outinenn, Sakari Kousmanen
“Aki Kaurismäki hat eine Stummfilm gedreht. Das ist unbedingt mutig, aber leider auch feige. ‚Juha‘ radikalisiert das Kaurismäki-Verfahren und verzärtelt es zugleich. Der Film spielt zwar mit Gestik und Mimik des Kinos der Stummfilmzeit. Aber er kann keinen Augenblick anschließen an die mächtigen Gefühle, die den Originalen heute noch entströmen. ‚Juha‘ ist die Kaurismäki-Welt in Kunstharz gegossen – schön anzusehen, aber im Inneren erstarrt.“ (Berliner Zeitung) HH
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Kings of Rock – Tenacious D USA 2006, R: Liam Lynch, D: Jack Black, Kyle Gass
„Fiktive komödiantische Entstehungsgeschichte der Band ‚Tenacious D‘, bestehend aus Jack Black und Kyle Glass: JB schließt sich in Los Angeles dem Gitarristen KG an, doch der Erfolg will sich für die Rock-Formation nicht einstellen. Dann erfahren sie von einem legendären Plektrum, das sämtlichen Größen der Rock-Geschichte zum Erfolg verholfen hat und das sich die beiden Helden nun unter den Nagel reißen wollen. Da es sich dabei um einen Eckzahn Satans handelt, wird damit der Leibhaftige auf den Plan gerufen. Trotz der musikalischen Qualitäten von Tenacious D kommt die Geschichte nie recht in Fahrt und bleibt in pubertärem Humor stecken.“ (filmdienst)H, HB, HH
KZ Großbritannien 2006, R: Rex Bloomstein
„Mittels einer ungewöhnlichen Herangehensweise nähert sich Rex Bloomsteins Dokumentarfilm den Ereignissen, die sich während der Nazi-Diktatur im KZ nahe des oberösterreichischen Städtchens Mauthausen abspielten. Vergangenheitsbewältigung im wortwörtlichen Sinne protokolliert die Kamera, wenn sie ‚Touristen‘ bei der Lagerbesichtigung verfolgt und die Gesichter der Bewohner nach ihren Gefühlen hinsichtlich der vorbelasteten Stadtgeschichte abtastet. Da sich der Film jeglicher Off-Kommentierung verweigert, wirken die oftmals erschreckenden Aufnahmen fehlenden Feingefühls und sich arrangierender Teilnahmslosigkeit dafür umso drastischer.“ (Rheinischer Merkur), HB, HI, OL
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Lady Vengeance Südkorea 2005, R: Chan-wook Park, D: Min-sik Choi, Yea-young Kwon
„Nach 13 Jahren Haft rechnet die zu Unrecht wegen Kindesmord verurteilte Lee Geum-ja mit dem tatsächlichen Mörder, ihrem ehemaligen Kindergärtner, ab. Eine Erlösung von den seelischen Qualen gönnt der koreanische Regisseur Park Chan-wook seinem schönen Racheengel allerdings nicht. Trotz aller Zugeständnisse ans Mainstreamkino eine harte Nuss.“ (tip) HH, KI
Last Days USA 2005, R: Gus van Sant, D: Michael Pitt, Lukas Haas
„Die letzten Tage eines von Drogen gezeichneten Rock-Musikers, der in einem schlossartigen Haus im Wald wohnt und sich wenig um seine Gäste kümmert, die mit ihm die ereignislosen Tage teilen. Der multiperspektivisch und a-chronologisch angelegte Film erzählt keine Geschichte im eigentlichen Sinn, sondern nähert sich in ungewöhnlichen Blickwinkeln und Kameraeinstellungen einem Mythos an. Dabei spielt er kunst- und lustvoll mit Nähe und Distanz zu seinem Protagonisten und schafft ein Kaleidoskop von Wahrnehmungsebenen, auf denen die Ikone ‚Rockstar‘ interpretierbar wird.“ (filmdienst) H, HH
Das Leben der Anderen Deutschland 2005, R: Florian Henckel von Donnersmarck, D: Ulrich Mühe, Sebastian Koch
„Das Leben der Anderen“ ist ein weiterer von den deutschen Filmen in diesem Frühjahr, die von jungen Regisseuren mit einer ganz erstaunlich komplexen und reifen Erzählhaltung inszeniert werden. Florian Henckel von Donnersmarcks Debütfilm handelt von einem Theater-Regisseur, der 1984 in der DDR von der Staatssicherheit beobachtet wird. Doch der heimliche Held des Films ist ausgerechnet der Stasi-Hauptmann, der diese Überwachung leitet und sich langsam in einen Schutzengel für den Künstler verwandelt. Mit großem Ernst und Inspiration inszeniert, hat diese Geschichte nichts von der Ost-Nostalgie anderer Filme über die DDR, stattdessen ist dieses Drama zugleich hochpolitisch und mit Mitgefühl erzählt. (hip) HB, HH, KI
Little Miss Sunshine USA 2006, R: Jonathan Dayton, Valerie Faris, D: Abigail Breslin, Greg Kinnear
„Eine schrullige amerikanische Familie, deren Mitglieder mehr oder weniger an unterschiedlichsten Varianten des ‚Amerikanischen Traums‘ gescheitert sind, reist in einem klapprigen VW-Bus quer durch die USA, damit die kleine Tochter an einem Schönheitswettbewerb teilnehmen kann. Eine wunderbar einfallsreiche Komödie in Form eines subversiven Road Movie, das ein sympathisches Hohelied auf die Familie anstimmt und vor allem auch durch die hervorragenden Darsteller vorzüglich unterhält.“ ( filmdienst) H, HH
M
Der Mann aus Marmor Polen 1976, R: Andrzej Wajda, D: Jerzy Radziwilowicz, Krystyna Janda
„Ein kritischer Blick auf die frühen 50er Jahre, die letzte Stalinzeit, in Polen, und zugleich eine Auseinandersetzung mit der Lage der aktuellen Medienarbeit. Im Mittelpunkt steht das Schicksal eines braven Arbeiters, der zum ‚Helden der sozialistischen Arbeit‘ gemacht wird, dann aber in Ungnade fällt. Eine Absolventin der Warschauer Filmhochschule geht in ihrer Abschlussarbeit für das polnische Fernsehen dem Leben dieses Maurers nach. Ein sehr anspruchsvoller Film, ohne Haß und Häme inszeniert, trotz entlarvender Fragestellungen von einer gewissen Traurigkeit.“ (Lexikon des internationalen Films) HH
Die Maske (The Mask) USA 1985, R: Peter Bogdanovich, D: Eric Stoltz, Cher / Originalfassung ohne Untertitel
„Die Geschichte eines Sechzehnjährigen, der körperlich so stark verunstaltet ist, dass seine Umwelt vor ihm erschrickt. Peter Bogdanovichs Versuch, die Existenz eines solchen ‚Elefantenmenschen‘ in der Gegenwart der Hells Angels und der Rock-Musik anzusiedeln, führt zwar zu emotional starker Anteilnahme, wegen zahlreicher Klischees jedoch kaum zu tieferer Einsicht.“ (Lexikon des internationalen Films) HB
Masken – Brauchtum aus aller Welt Sechs Kurzfilme / Originalfassungen mit Untertiteln
„In nahezu allen Kulturen der Welt spielen Masken als Kultobjekte für verschiedene Zwecke bis heute eine große Rolle. Das Programm zeigt die Maskenherstellung für die Knaben- Initiation der Sara-M‘Bai in Zentralafrika und verschiedene Tanz- und Singmasken der Gere in Westafrika; aus Asien werden kultische Maskentänze aus Sikkim sowie das Nô-Theater aus Japan vorgestellt. Die Krahó aus Brasilien werden beim Flechten einer Kokrit-Maske gezeigt und die ‚Klausebigge‘ aus dem Schwarzwald bei der Verwendung einer Tierkopfmaske beim Nikolausbrauch.“ (Kino 46) HB
Masken im Karneval Vier Kurzfilme / Originalfassungen mit Untertiteln
„Passend zur Jahreszeit stellt das Programm zwei Filme über traditionelle Masken aus der alemannischen Fastnacht und einen aus der Steiermark vor. Ein längerer Film befasst sich mit den archaischen ‚Tschägättä-Masken‘ aus dem Lötschental in der Schweiz.“ (Kino 46) HB
Die maskierte Bande – Irak (Maskeli Besler – Irak) Türkei 2006, R: Murat Aslan, D: Safak Sezer, Peker Acikalin / Originalfassung mit Untertiteln
„Die maskierte Bande aus Istanbul marschiert in den Irak ein und bringt eine Erdölanlage der Amerikaner in ihre Gewalt. Dies ruft eine Krise zwischen der Türkei und den USA hervor. Fortsetzung des türkischen Comedy-Erfolges.“ (tip) H, HB, HH, KI
Mein Führer – Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler Deutschland 2006, R: Dani Levy, D: Helge Schneider, Ulrich Mühe
„Humor ist Geschmackssache. Ich will lieber geschmacklos als humorlos sein. So schaut man sich ‚Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler‘ an und spürt: Humor. Bitteren, sardonischen Humor. In Trümmern, aus Zerstörung, Versagen und Niederlage heraus – regt sich ein pompöser Führer hervor, der seine Pompösität verloren hat. Vielleicht kann Deutschland sich nur heilen, wenn Deutsche wirklich über diesen Mann lachen können, als Verführer statt Führer. Es wird kein feiner Humor sein – aber doch heilsam. Dani Levys Film ist superb. Kulissen, Location, Kamera, Inszenierung, Licht, Ton, die feinen Details – alles wunderbar. Und der Inhalt. Man lacht, und man denkt, und man weint. Weil die wahrste Wahrheit immer scherzhaft und schmerzhaft sein muss.“ (so der Berliner Rabbiner Walter Rothschild in der taz) H, HB, HH, KI, OL
Mein langsames Leben Deutschland 2001, R: Angela Schanelec, D: Ursina Lardi, Andreas Patton
„‚Mein langsames Leben‘ ist in der Tat bemerkenswert langsam: Die Berliner Filmemacherin Angela Schanelec verblüfft durch einen rigorosen Stil der langen, starren Einstellungen. Dieser Formalismus ist erst mal eine Zumutung doch wer sich nicht abschrecken lässt, der wird in diesem Gruppenporträt eine große (und ziemlich deutsche) Begabung zum Unglücklichsein entdecken: Im Verlauf eines Sommers folgt Schanelec einer apathischen, ziellos umherziehenden Architekturstudentin und den Menschen, die ihr begegnen - meist Mittdreißiger, gebildet, zwischen Bürgertum und Boheme angesiedelt und von ihrem Leben enttäuscht, überfordert oder ermüdet.“ (Der Spiegel) HH
Milchwald Deutschland 2003, R: Christoph Hochhäusler, D: Judith Engel Horst-Günther Marx
„In seinem Debütfilm erzählt Christoph Hochhäusler von der Angst, einer offensichtlichen Wahrheit ins Gesicht zu sehen oder sie zu artikulieren. Geschickt benutzt er das Märchen von Hänsel und Gretel und baut daraus ein stringentes, aber auch emotional schwer fassbares Melodram. Eine Entdeckung für das Kino ist die Theaterschauspielerin Judith Engel.“ (teleschau) HH
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Nach der Hochzeit Dänemark/Schweden 2006, R: Susanne Bier, D: Mads Mikkelsen, Rolf Lassgård
„‚Nach der Hochzeit‘ von der dänischen Regisseurin Susanne Bier wurde gerade als Oscar-Kandidat für den besten ausländischen Film auserkoren, wobei eine Nominierung für den besten Film überhaupt mindestens genauso angemessen gewesen wäre. Die Geschichte um den gutherzigen Waisenhausleiter und Wahl-Inder Jacob Petersen (Mads Mikkelsen), der in seine Heimat Dänemark gelockt wird, um seine ihm bis dahin unbekannte Tochter zu treffen, ist eines dieser großen, schamlos tränenreichen Melodramen, wie es sie selbst Hollywood heutzutage kaum mehr hinbekommt. So schön, so traurig, dass man sich besser gar nicht erst vornimmt, den Film mit trockenen Augen zu überstehen.“ (Der Spiegel) H, HB, HH, HL, KI
Nachts im Museum USA 2006, R: Shawn Levy, D: Ben Stiller, Robin Williams
„Ein Vater will seinen Sohn und seine geschiedene Frau von seiner Beharrlichkeit in Sachen Arbeitsplatz überzeugen. Deshalb nimmt er eine Stelle als Nachtwächter im örtlichen Geschichtsmuseum an, hat bald aber mehr zu tun als ihm lieb ist, da alle Exponate in der Nacht ein turbulentes Eigenleben führen. Nur mäßig unterhaltsame Komödie, die weder den Hauptdarsteller noch die prominent besetzten Nebenrollen fordert, sodass der Reiz der Geschichte schnell verpufft und nur wenige hübsche Gags bleiben.“ (filmdienst) DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
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One Way Deutschland/Kanada 2006, R: Reto Salimbeni, D: Til Schweiger, Lauren Lee Smith
„Es imponiert, wie Til Schweiger sich mit geradezu kamikazehaftem Ehrgeiz für seine internationale Karriere ins Zeug legt: Er begnügt sich nicht damit, auf tolle Angebote zu warten, sondern produziert sie sich selbst – und das nicht auf Nummer sicher. In seiner jüngsten Produktion ‚One Way‘, einer recht professionellen Nachahmung amerikanischen Genrekinos, präsentiert Schweiger sich in der Rolle eines unwiderstehlichen Kotzbrockens, den kein Skrupel dabei bremst, in einer glamourösen New Yorker Werbefirma ganz nach oben zu kommen. Zu diesem Zweck will er die Tochter des Chefs heiraten und rettet deren Bruder, der ein übler Vergewaltiger ist, durch einen Meineid vor dem Knast. Wenig später aber kommt er – wie zur Strafe – unschuldig als dessen Mörder vor Gericht. Der manchen Grisham-Thrillern nacheifernde Prozess-Plot, den der Schweizer Autor und Regisseur Reto Salimbeni zum Teil an sehr langen Haaren herbeigezogen hat, spitzt sich auf das moralische Dilemma der Selbstjustiz zu.“ (Der Spiegel) DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
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Das Parfum – Die Geschichte eines Mörders Deutschland 2006, R: Tom Tykwer, D: Ben Whishaw, Dustin Hoffman
Tykwer hat das Paris des 18. Jahrhunderts in grandiosen Bildern lebendig werden lassen. Aber die Geschichte, die er erzählt, bleibt düster und brutal. Er hat auch einen verschwenderisch ausgestatteten Kostümfilm inszeniert, in dem 1000 Komparsen sich bei der Hinrichtungsszene die Kleider vom Leib reißen und sich orgiastisch miteinander vergnügen. Nicht nur bei dieser Sequenz, die Tykwer weder prüde noch obszön inszenierte, erweist er sich als ein stilsicherer Filmemacher, der so kreativ ist, dass er auch bei solch einer aufwendigen Literaturverfilmung seine eigene Duftmarke nicht verliert. (hip) BHV, HB, HH, HL
Paris, je t‘aime Frankreich/Schweiz 2006, R: Joel Coen, Ethan Coen, Tom Tykwer, u.a., D: Juliette Binoche, Steve Buscemi
„‚Paris, je t’aime‘ heißt ein Bündel von Kurzfilmen, 18 Stück in zwei Kinostunden - lauter Mini-Liebesgeschichten, die in Paris spielen, aber längst nicht alle wirklich etwas mit Paris zu tun haben. Prominente Regisseure aus vielen Weltecken von Japan bis Mexiko, mehrheitlich aber Franzosen und Amerikaner, haben je eine Miniatur zu dem Bukett beigesteuert, und lang ist die Liste der Stars, die kurz mal vorbeischauen, von Gena Rowlands bis Juliette Binoche, von Bob Hoskins bis Elijah Wood. Läppische Bagatellen und ausgefeilte Geschichten folgen einander nach dem Krautund-Rüben-Prinzip, und wie immer bei solchen Potpourris bleibt die Bilanz unbefriedigend: Die Menge der Häppchen macht eher hungrig als satt.“ (Der Spiegel) H, HB, HH, HL, OL
Persona (Die Macht hinter den Masken) Japan 2000, R: Komatsu Takashi, D: Tatsuya Fujiwara / Originalfassung mit Untertiteln
„Um den Mobbing-Attacken ihrer Kommilitonen zu entgehen, beschließen einige Hochschüler in Tokio, nur noch maskiert zum Unterricht zu erscheinen. Zunächst hilft der Mummenschanz, doch dann wird er zum Medienereignis und Modetrend, der Nichtmaskierte ausgrenzt. Zudem lichtet ein mysteriöser Mörder die Reihen der Maskenträger. Psychothriller, der das japanische Thema des Gruppendrucks aufgreift und in einen stilsicheren Ratekrimi mündet.“ (Lexikon des internationalen Films) HB
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Die Queen Großbritannien/Frankreich/Italien 2006, R: Stephen Frears, D: Helen Mirren, Michael Sheen
Wohl jeder weiß noch genau, wo er war und was er tat, als er erfuhr, dass Princess Diana in einem Autounfall starb. Es war einer der entscheidenden Momente der 90er Jahre - und ein Wendepunkt für Großbritannien. Die Briten benahmen sich angesichts der Trauer um Diana anders als gewohnt, und ihre alten Tugenden schienen obsolet geworden zu sein. „That’s the way we do things in this country“, sagt Helen Mirren als Elisabeth II angesichts des Trauerfalls und hält sich reserviert an die Etikette – ohne dabei zu ahnen, wie gefährlich falsch sie damit liegt. Diese vielleicht schwerste Krise des britischen Könighauses der letzten Jahrhunderte, steht im Mittelpunkt des neuen Films von Stephen Frears. Eine immense Neugier scheint ihn und sein Team dazu angestachelt zu haben, hier sehr tief zu bohren und dabei nach Wahrhaftigkeit zu suchen. „The Queen“ besteht zum größten Teil aus intimen, häuslichen Szenen (wobei das Wort „häuslich“ bei den Royals allerdings neu definiert werden muss). Alle Schauspieler fangen meisterlich die Manierismen der jeweiligen Figuren ein, und erreichen so einen hohen Wiedererkennungswert, obwohl sie den Vorbildern nicht einmal besonders ähnlich sehen. (hip) H, HB, HH, HL, KI, OL
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Rache ist sexy USA 2006, R: Betty Thomas, D: Jesse Metcalfe, Brittany Snow
„Pfiffige Teenagerkomödie über drei Mädchen, die sich am Schulschönling rächen wollen, der sie gegeneinander ausgespielt hat und die sich ein raffiniertes ‚Gefährliche Liebschaften‘-Konstrukt zusammenspinnt und dann im Stil von Genreklassikern wie ‚Heathers‘ oder ‚Girls Club‘ mit ebenso viel Humor, Herz und Biss durchexerziert. Betty Thomas, zuletzt mit dem weniger gelungenen ‚I Spy‘ in den deutschen Kinos, läuft zu alter ‚Private Parts‘-Form auf, hält das Tempo hoch und verlässt sich auf die Attraktivität ihrer Hauptdarsteller.“ (Blickpunkt:Film) DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
Rocky Balboa USA 2006, R: Sylvester Stallone, D: Sylvester Stallone, Burt Young
„Mit seinem letzten ‚Rocky‘-Film kehrt Sylvester Stallone zu den Qualitäten des oscargekrönten Originals zurück. Konzentriert sich auf atmosphärische Milieu- und sensible Charakterzeichnung, entwickelt menschliche Wärme und leisen Humor, nimmt erst spät die Kurve zur Boxaction. Das wirkt nach ruhigem Beginn am Ende etwas gehetzt, bringt die Reihe aber trotzdem zu einem versöhnlichen und persönlichen Abschluss.“ (Blickpunkt:Film) DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
S
Saw III USA, 2006, R: Darren Lynn Bousman, D: Tobin Bell, Shawnee Smith
„Geld stinkt nicht. Warum den schnellen Dollar nicht mitnehmen, wenn ihn der Markt hergibt? Doch auch wenn diese Motive menschlich verständlich sind, so ist ein derartiges Vorgehen im Filmgeschäft nicht immer das cleverste. Mit ‚Saw‘ schufen James Wan und Leigh Whannell aus dem Nichts einen Mythos. Der dreckige, kleine hundsgemeine Genre-Faustschlag eroberte sich eine kolossale Fangemeinde. Doch der Fehler, der schon bei der Fortsetzung ‚Saw 2‘ gemacht wurde, wird mit Sequel Nummer zwei wiederholt. Die Gier, die Kuh im Jahresrhythmus gnadenlos und ohne Rücksicht auf Verluste zu melken (ja Teil 4 und 5 sind bereits angekündigt), schlägt sich negativ auf die Qualität aus. ‚Saw 3‘, wieder unter der Regie des zweitklassigen No Names Darren Lynn Bousman, reduziert sich gänzlich auf die Markenzeichen des Horror-Franchise und lässt dabei jegliche Finesse und Innovation vermissen.“ (filmstarts.de) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
Schräger als Fiktion USA 2006, R: Marc Forster, D: Will Ferrell, Emma Thompson
„Als der Steuerbeamte Harold Crick eines morgens erwacht, findet er sich verwandelt. Nicht in einen Käfer, wie Kafkas Figur Gregor Samsa, sondern viel schlimmer: der schwer zwanghafte Crick, der sein Leben bis zum letzten Zahnbürstenstrich zu kontrollieren versucht, hört plötzlich eine Stimme in seinem Kopf. Sie entpuppt sich im Lauf dieser verspielt-verspiegelten Geschichte aus der Feder von Newcomer Zach Helm als Erzählstimme der Autorin Karen Eiffel (Emma Thompson), die seit zehn Jahren unter quälenden Schreibblockaden versucht, ihren Roman über einen zwanghaften Steuerbeamten namens Harold Crick zu Ende zu schreiben… Marc Forsters Inszenierung des hinreißend sprachverliebten Drehbuchs hält am Ende zwar nicht ganz, was sie am Anfang verspricht, doch das Ringen einer Figur gegen die ästhetischen Ideen ihrer Schöpferin bleibt gleichwohl ein Genuss.“ (Neue Zürcher Zeitung) H, HB, HH, HL, KI, OL
Sie sind ein schöner Mann Frankreich 2005, R: Isabelle Mergault, D: Michel Blanc, Medeea Marinescu
„Als dem chronisch schlecht gelaunten französischen Bauern Aymé die Ehefrau wegstirbt, verliert er weniger seine große Liebe als eine tüchtige Arbeitskraft. Da sich das Geschirr nicht von allein spült, schaltet er eine Heiratsvermittlerin ein, die ihn nach Rumänien schickt, um sich dort eine passende Kandidatin auszusuchen. Zurück kommt er mit der tatkräftigen Elena, deren Ehemotive nur zu Anfang rein finanzieller Natur sind. Rund vier Millionen Zuschauer haben das Regiedebüt der Schauspielerin Isabelle Mergault im vergangenen Jahr zu einer der großen Leinwandsensationen in Frankreich gemacht. Dabei zerspringt die Komödie nicht vor Originalität, hat aber so viel altmodischen Charme, dass man ihr das nicht allzu übel nehmen kann.“ (Der Spiegel) H, HH, KI, OL
Stalker UdSSR 1979, R: Andrej Tarkowskij, D: Alexander Kaidanowskij, Antonio Solonzyn / Originalfassung mit Untertiteln “Drei Männer starten zu einer Expedition in die ‚Zone‘, die irgendwo hinter einer verödeten Industrielandschaft liegt: Ein verlassener, verbotener Bezirk, in dem vor 20 Jahren ein Meteor oder ein Atomschlag niederging und aus dem Soldaten, die das Terrain erkunden sollten, nicht zurückkamen. Die Reise der drei verirrten Seelen ins Reich der Toten, in diese Endzeit-Landschaften, wo Raum und Zeit zerfließen, ist ein Psycho-Trip, eine Prüfung. Mit melancholischem Ernst entwirft Tarkowskij eine seiner spirituellen Phantasmagorien, in denen es um moralische, philosophische und religiöse Fragen geht. Die suggestive Kraft dieses Films liegt in seinen dichten, schönen Bildern und seinen satten, dunklen Farben, in seiner assoziationsreichen, sinnlichen Geräusch- und Musikkulisse, in seinem Pathos und seiner fast meditativen Ruhe.“ (Wolf Donner) HB
Stardust Memories USA 1981, R: Woody Allen, D: Woody Allen, Charlotte Rampling / Originalfassung mit Untertiteln
„Ein fiebriger, nervöser Film, ein mobiles Kaleidoskop abgebrochener Gedanken, eine stockende Selbstbefragung, ein teilweise komischer Alptraum und eine flinkzüngige Haßtirade; ein perfekter cinematografischer Kreuz- und Querzug, eine ratlose Zwischenbilanz. Alles in einem.“ (Frankfurter Rundschau) HH
Das Streben nach Glück USA 2006, R: Gabriele Muccino, D: Will Smith, Jaden Smith
„‚Das Streben nach Glück‘, festgeschrieben in der amerikanischen Verfassung, beflügelte vor 26 Jahren auch den real existierenden, erfolglosen Vertreter und späteren Finanzier Chris Gardner (Will Smith): Gardner, verschuldet, ohne Job und Ehefrau, dafür aber die Sorge um den fünfjährigen Christopher (Smith-Sprössling Jaden) tragend, schaffte es durch Intelligenz, zähe Arbeit und Fortbildung aus bitterer Obdachlosigkeit bis in höchste Millionärsetagen. Ein perfekter US-Traum vom standhaften Amerikaner, den Regisseur Gabriele Muccino zwischen Hochglanz-Armut und Hochdruck-Einsatz seines ehrgeizigen Superstars leicht ermüdend inszeniert hat.“ (Der Spiegel) DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
U
Utz Großbritannien/Italien/Deutschland 1991, R: George Sluizer, D: Armin Mueller-Stahl, Brenda Fricker
„Das Persönlichkeitsbild eines Barons, der in Prag als leidenschaftlicher Sammler von Meißener Porzellanfiguren während des sozialistischen Systems einen Lebensinhalt sucht. Eine in kunstvoller Rückblenden-Technik verfasste Studie über die Stellung von Kunst und Sammlern innerhalb einer von Ideologie und Diktatur beherrschten Zeit sowie über die persönlichkeitsgefährdenden Auswirkungen von Individualismus in exzentrisch ausgelebter Form.“ (Lexikon des internationalen Films) HH
V
Vier Minuten Deutschland 2006, R: Chris Kraus, D: Hannah Herzsprung, Monica Bleibtreu
Endlich traut sich ein deutscher Filmemacher, großes Kino zu machen. In „Vier Minuten“ passiert alles auf der grandiosen Bühne des Melodramas, ohne dabei je pathetisch oder lächerlich zu wirken. Die Figuren sind überlebensgroß, die Gefühlsausbrüche elementar, die Geschichte märchenhaft überhöht – dies ist eine Filmoper. Kein Wunder also, dass die Musik in ihr eine große Rolle spielt. Sie bringt die beiden Protagonistinnen zusammen und verstrickt sie bald in einen Zweikampf am Piano. Die Klavierlehrerin Traude Krüger gibt schon seit 60 Jahren Musikunterricht in einem Frauengefängnis, aber solch eine Gefangene wie die Jugendliche Jenny hat sie noch nie gesehen. Diese ist ruppig, unberechenbar und aufsässig, aber auch eine Virtuosin am Klavier. Alles an dieser 20jährigen Mörderin ist der alten Frau zuwider, aber den Verlockungen ihres außergewöhnlichen Talents kann sie nicht widerstehen, und so versucht sie die Widerspenstige zu zähmen und wird dabei selber aus der seelischen Versteinerung geweckt, in der sie fast ihr ganzes Leben lang gefangen war. (hip) H, HB, HH, HL, KI, OL
Vitus Schweiz 2005, R: Fredi M. Murer, D: Teo Gheorghiu, Bruno Ganz
„Ein hochbegabter Junge, dessen Karriere als Pianist von seiner ehrgeizigen Mutter forciert wird, findet eine kindgerechte Rückzugsmöglichkeit bei seinem erdverbundenen Großvater, der auch noch zu ihm hält, als er durch einen Sturz vom Balkon zum ‚normalen‘ Kind wird. Die mit märchenhaften Untertönen konventionell erzählte Geschichte einer Menschwerdung mit geschliffenen Dialogen und eindrucksvollen schauspielerischen Leistungen. Eine Liebeserklärung an die Kindheit und die Musik.“ (filmdienst) H, HB, HH, OL
Vom Schaukeln der Dinge Deutschland 2006, R: Beatrix Schwehm
Rudolf Höhn war in den 90er Jahren ein erfolgreicher Schauspieler, Kabarettist und Autor. 1997 wurde bei ihm Parkinson diagnostiziert. Sechs Jahre nach dem Ausbruch der Krankheit wurde dann dieses Filmportrait gedreht. Dennoch ist dies keine deprimierende Krankengeschichte, denn Höhn hat erstaunlich kreativ und mit bewundernswerter Energie die Herausforderung dieses Schicksalsschlages angenommen. Der Film erzählt von der Krankheit, vom Theater, von der Literatur und vom Rugby – eigentlich müsste er heillos überladen sein, aber er wirkt wie aus einem Guss, weil Schwehm bei der Montage einer emotionalen Logik folgt und so die vielen Facetten von Höhn erstaunlich unangestrengt unter einen Hut bekommt. Dabei ist er oft sehr berührend, aber nie sentimental. (hip) HH
W
Der weiße Planet Kanada/Frankreich 2006, R: Jean Lemire, Thierry Piantanida, Thierry Ragobert
„In diesem Dokumentarfilm ist die Geburt eines Eisbärenbabys erstmals aus nächster Nähe zu sehen. Angesichts solch bewegender Naturaufnahmen setzen die Dokumentaristen Thierry Piantanida und Thierry Ragobert in alter französischer Tierfilmersitte zu poetischen Höhenflügen an und dichten Walrosse zu den Philosophen der Arktis um. Und tatsächlich: Den Tieren wachsen Sloterdijk-Schnauzer. Kein Wunder also, dass dieser vom Bund für Umwelt und Naturschutz unterstützte Film die Zuschauer eindringlich vor der Erderwärmung warnt: Wenn das Walross schwitzt, wird für die Menschen das Eis immer dünner.“ (Der Spiegel) HB, HH
Das wilde Leben Deutschland 2007, R: Achim Bornhak, D: Natalia Avelon, Matthias Schweighöfer
„Uschi Obermaier war 1968 das deutsche Oben-ohne-Pendant zum bärtigen Ché-Guevara-Heiligenbildchen. Sie sprengte die ‚Kommune 1‘ und turtelte mit den Rolling Stones. Schade: Biederer und kreuzbraver als im nächste Woche startenden Kinofilm ‚Das wilde Leben‘ hätte man ihre Geschichte nicht verfilmen können. Für einen abendfüllenden Spielfilm ähnelt ‚Das wilde Leben‘ zu sehr den mittelmäßigen Fließband-Produktionen des deutschen Fernsehens, in denen wilde Kerle oder freche Mädchen ihre pseudodramatischen Rollenspielchen vorhersehbar abspulen. So ist auch dieses Kinodebüt des 38-jährigen Regisseurs Achim Bornhak, der bislang zwei TV-Filme, vor allem aber Werbe- und Musikclips für MTV und Viva gedreht hat, nur ein bunter Bilderbogen ohne schlüssige Dramaturgie. Brav hält man sich an der Chronologie fest.“ (Der Spiegel) DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
Die wilden Kerle 4 Deutschland 2007, R: Joachim Masannek, D: Jimi Blue Ochsenknecht, Wilson Gonzalez
„Mittlerweile fahren die populären Kicker-Knirpse Motorrad, leben eltern- und schulfrei im Wald. In der Story geht es um eine (aus der griechischen Mythologie entlehnte) Eifersuchtstragödie, bevor es zum bewährten Fußballspiel-Showdown kommt. Trotz schwerer Dramaturgie-Verstöße werden die Kids diesen pathetisch-kruden Mix aus ‚Mad Max‘, ‚The Tribe‘ und ‚Wir Kinder aus Bullerbü‘ lieben.“ (Cinema) DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
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Das Zeichen des Zorro (The Mark of Zorro) USA 1920, R: Fred Niblo, D: Douglas Fairbanks, Noah Berry, Stummfilm/ „Erfolgreicher amerikanischer Kostümfilm mit Douglas Fairbanks in der Doppelrolle eines blasierten reichen Nichtstuers und des maskierten Helfers der Armen und Unterdrückten, der einem skrupellosen Diktator die Stirn bietet. Erster Film in der Reihe der Ausstattungs- und Kostümfilme, durch die Fairbanks berühmt wurde.“ (Lexikon des Internationalen Films) HB