: „In ständiger Unsicherheit“
VORTRAG Klaus Sieveking informiert heute im Haus der Wissenschaft über geduldete Flüchtlinge
■ 65, Prof. Dr. hat an der Uni Bremen öffentliches Recht mit Schwerpunkt Ausländer- und Europarecht gelehrt.
Herr Sieveking, warum sind Kettenduldungen keine dauerhafte Lösung?
Klaus Sieveking: Gemessen an den eigenen humanitären Ansprüchen, sind die jetzigen Verhältnisse unhaltbar. Man kann Menschen nicht bewusst in der Schwebe lassen und ihnen gleichzeitig die Möglichkeiten verwehren, sich einzuleben. Auch aus menschenrechtlicher Sicht sind Duldungen als Dauerlösung nicht geeignet.
Inwiefern?
Geduldete Flüchtlinge sind nicht gleichberechtigt. Zum Beispiel erhalten sie keine umfassenden Gesundheitsleistungen, haben für lange Zeit nur einen eingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt und ihnen stehen nach Asylbewerberleistungsgesetz keine ausreichenden Mittel zur Lebenssicherung zur Verfügung. Sie leben in einer ständigen Statusunsicherheit.
Wie könnte die Situation von Geduldeten verbessert werden?
Man müsste mehr Angebote zur Aus- und Weiterbildung machen und den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern. Finnland ist in dieser Hinsicht zum Beispiel sehr fortschrittlich.
Haben Flüchtlinge nach Ablehnung des Asylantrags noch Chancen auf eine Aufenthaltsgenehmigung?
Das lässt sich schwer sagen. Es hängt unter anderem davon ab, ob die Betreffenden einen Arbeitsplatz finden. Jedoch werden sie von vielen Arbeitgebern abgelehnt, weil sie keinen gesicherten Aufenthaltsstatus haben.
Wem nutzen Kettenduldungen?
Für die Verwaltungen der Bundesländer ist es vermeintlich von Vorteil, weil so die sozialen Sicherungskosten nur für einen begrenzten Zeitraum gezahlt werden müssen. Aber von „Nutzen“ sollte man nicht sprechen, da menschenverachtende Behandlung keinen Nützlichkeitserwägungen unterliegen darf.
INTERVIEW: ANI
Haus der Wissenschaft, Sa., 11 Uhr