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Archiv-Artikel

Den Tieren zum Recht verhelfen

Die schleswig-holsteinischen Grünen wollen ein Verbandsklagerecht im Tierschutz auf den Weg bringen – schließlich könnten die „Hauptbetroffenen“ ihre Interessen nicht selbst vertreten. Frühere Versuche scheiterten im Bundesrat

Vernachlässigte Pferde auf einer Weide, Panik im Schweinestall vor der Schlachtung, Legehennen in schmalen Käfigen: „Bei Verordnungen über Haltung und Umgang mit Tieren darf sich jeder äußern“, sagt der Grünen-Abgeordnete Detlef Matthiessen, „nur die Hauptbetroffenen nicht: die Tiere.“ Mit der Unterstützung mehrerer Tierschutzverbände will seine Fraktion ein Gesetz in den Kieler Landtag einbringen, das Vereinen ein Verbandsklagerecht einräumt. Die Nord-Grünen hoffen, damit Vorreiter im Bund zu werden.

Tierschutz ist zwar Verfassungsziel, genutzt hat das aber wenig: Hund, Schwein oder Huhn können selbst keine Anwälte nehmen. Und ohne Verbandsklagerecht dürfen auch wohlwollende Menschen nicht für sie sprechen. „Man unterstellt Tierschützern, sie dächten nur an niedliche Kuscheltiere und hätten nicht die Sorgen der Produzenten im Auge“, sagt Mechthild Oertel vom Verein Pro Vieh, der sich um Nutztiere kümmert. Dabei brächte die tiergerechte Haltung bessere Qualität – und damit Profit: Das Rind, das stressfrei zur Schlachtbank geht, schmeckt nachher besser.

Bereits 2004 hatte die rot-grüne Landesregierung versucht, das Klagerecht im Bundesrat durchzusetzen – und war gescheitert. Nun wollen die Grünen es im Landtag versuchen. „Gerade kleinere Bundesländer eignen sich für solche Initiativen“, sagt Gerd Frost vom Tierschutzbündnis Schleswig-Holstein – auch die Verbandsklage im Naturschutz kam über Landesgesetze zustande. „Wir glauben, dass jetzt ein guter Zeitpunkt ist, die großen Parteien zu überzeugen“, sagt Matthiessen. Er befürchtet aber, dass „heimliche Gegner“ versuchen könnten, die Initiative wieder in den Bundesrat abzuschieben. Um dann zu sagen: „Wir sind dafür, aber die anderen wollen es nicht.“

Dieses Argument zieht bei Petra Bräutigam nicht: „Wir sind für das Verbandsklagerecht“, sagt die Sprecherin der SPD-Fraktion, „aber es ist besser im Bundesrat aufgehoben.“ Anders als 2004 seien heute mehr Länder bereit, den Vorstoß zu unterstützen. In Bremen etwa gibt es eine ähnliche Initiative. „Wir werden den Entwurf beraten“, sagt Bräutigam, „und beim Koalitionspartner für das Thema werben.“

Beratungen abwarten will auch Axel Bernstein, umweltpolitischer Sprecher der CDU. Er mutmaßt, „es geht den Grünen mehr um Bürokratieschutz statt um Tierschutz“. Denn wenn die Verbände klagen könnten, bedeute das mehr Aufwand. Das bestreitet Mechthild Oertel: Die Vereine hätten weder genug Geld noch Leute, um „wegen Jäckchen und Höschen zu klagen“. Esther Geißlinger