: Grundschule ohne Chefs
An neun Prozent aller Grundschulen in NRW fehlen die Rektoren. Schulleiterverband: Rektoren müssen zu viel arbeiten für zu wenig Geld. Die GEW fordert eine einheitliche Bezahlung
VON PEGAH BYROUM-WAND
Grundschulrektoren machen sich rar. An neun Prozent aller Grundschulen in Nordrhein-Westfalen fehlen nach Angaben der Schulleitervereinigung NRW inzwischen die Rektoren. In Ostwestfalen zum Beispiel sind rund 40 Grundschulen derzeit ohne Rektoren, weil sich kaum Lehrer auf die ausgeschriebenen Stellen bewerben.
Burkhard Mielke wundert sich nicht über solche Zahlen. Die Arbeitsbelastung für einen Grundschulrektor sei sehr hoch, sagt der Vorsitzende der Schulleitervereinigung NRW. Dafür würden Rektoren aber nicht adäquat bezahlt. Oft müssten die Schulleiter neben ihrer Hauptaufgabe zusätzlich unterrichten. Überhaupt seien die Aufgaben von Schulleitern nicht genau festgelegt. Dadurch habe der Beruf des Rektors seit Ende der 1990er Jahre an Attraktivität verloren, so Mielke.
Heinz Kriete, Schuldezernent der Bezirksregierung Detmold, sieht ebenfalls ein Ungleichgewicht zwischen Gehalt und Arbeitsanforderung. Er sieht das Problem vor allem in den rückläufigen Schülerzahlen. Grundschulen mit zu geringer SchülerInnenzahl schließen sich nämlich in sogenannten Schulverbünden zusammen. Dann sei meistens eine Rektorin beziehungsweise ein Rektor für beide Schulen verantwortlich, sagt der stellvertretende Landesvorsitzende der GEW, Norbert Müller. Der damit verbundene Stress könne durch das Gehalt nicht aufgefangen werden.
Zusätzlich zu der finanziellen Misslage kommt die Tatsache, dass weibliche Bewerber für die Grundschulposten eindeutig überwiegen. Oft bewerben sich Frauen als Grundschullehrerin, da dort hauptsächlich Teilzeitstellen vergeben werden, die Männer wegen des niedrigen Gehalts eher nicht annehmen. Frauen hingegen versprechen sich davon, Beruf und Familie besser vereinbaren zu können. Gerade für sie ist aber die Rektorenstelle als Kombination aus Vollzeitjob mit besonderen Belastungen, niedrigem Lohn und wenig Zeit für die Familie besonders unergiebig.
Verschärft wird das Problem noch durch einen allgemeinen Lehrermangel. Der Deutsche Lehrerverband prophezeit, dass in Deutschland bis 2016 ca. 350.000 Lehrkräfte in den Ruhestand gehen werden, die Zahl der Lehramtsabsolventen aber weiterhin drastisch sinken wird. In den Jahren 2003 und 2004 gab es nur 22.200 beziehungsweise 22.500 Absolventen. Selbst unter Berücksichtigung der rückläufigen Schülerzahl liegt die Anzahl der Lehramtsstudenten immer noch unter der der Pensionierungen.
Das NRW-Schulministerium habe die Kommunen beauftragt, Schulverbände zu gründen, sagte Sprecherin Nina Schmidt. Diese sollten sich darum kümmern, die Grundschulen wieder attraktiver zu machen.
Der GEW reicht das nicht. Im Bildungsministerium werde „mehr geredet, als wirklich etwas zur Verbesserung beigetragen“, klagt Ilse Führer-Lehner vom Landesverband der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Die GEW fordert nun einen einheitlichen Lohn, der dem Arbeitsaufwand eines Grundschulleiters entspricht. Außerdem müssten Beratung und Aufsicht getrennt werden. Nur so könnten ein guter Bildungsstand der Schule und faire Arbeitskonditionen gewährleistet werden.