: B-Klasse-Freispruch
von Pascal Beucker
5,8 Millionen Euro – und der Fall ist erledigt: Im Mannesmann-Prozess haben sich gestern überraschend die Verteidigung der sechs Angeklagten und die Staatsanwaltschaft auf eine Einstellung des Verfahrens gegen Geldauflagen geeinigt. Anfang kommender Woche will das Düsseldorfer Landgericht entscheiden, ob es die Einigung akzeptieren will. Eine Zustimmung sei sehr wahrscheinlich, heißt es aus Justizkreisen. Damit steht das spektakulärste Wirtschaftsstrafverfahren in der bundesdeutschen Geschichte vor seinem Ende.
Mit 3,2 Millionen Euro die höchste Geldauflage soll Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann zahlen. Falls das Gericht dem Antrag zustimme, wolle er das Geld „aus eigener Tasche“ zahlen, kündigte der Chef des größten deutschen Geldhauses im Gerichtssaal an. Wie es aus dem Umfeld des Schweizers heißt, habe er diese persönliche Entscheidung getroffen, obwohl auch die Deutsche Bank bereit gewesen sei, die Geldauflage aus der Kasse des Hauses zu zahlen. In die Privatinsolvenz dürfte ihn das nicht treiben: Wie Ackermann am ersten Verhandlungstag am 26. Oktober angegeben hatte, bescheren ihm sein Gehalt bei der Deutschen Bank zusammen mit Erträgen aus Aktienbeständen jährliche Einnahmen von brutto „15 bis 20 Millionen Euro“.
Seit Ende Oktober verhandelt das Landgericht bei der Neuauflage des Mannesmann-Prozesses gegen Ackermann und fünf weitere Angeklagte wegen des Vorwurfs der schweren Untreue oder der Beihilfe dazu. Dabei geht es um die Ausschüttung von 57 Millionen Euro Prämien im Zuge der Übernahme von Mannesmann durch den Mobilfunkkonzern Vodafone im Jahr 2000. Das Landgericht hatte alle Angeklagten 2004 freigesprochen. Dieses Urteil hatte der Bundesgerichtshof aufgehoben und den Fall zurückverwiesen.
Ex-Mannesmann-Chef Klaus Esser, der im Zusammenhang mit der seinerzeitigen Übernahmeschlacht Prämien und Abfindungen von rund 30 Millionen Euro erhalten hatte, soll nun mit 1,5 Millionen Euro die zweithöchste Summe zahlen. Ex-Mannesmann-Aufsichtsratschef Joachim Funk soll 1 Million Euro zahlen, Ex-IG-Metall-Chef Klaus Zwickel 60.000 Euro, Exkonzernbetriebsratschef Jürgen Ladberg 12.500 Euro und Exdirektionsmitarbeiter Dietmar Droste 30.000 Euro. Das Geld soll nach dem Willen der Staatsanwaltschaft zu 60 Prozent in die Staatskasse fließen, der Rest an gemeinnützige Einrichtungen gehen.
Die Initiative für den Deal ging von Ackermanns Verteidigern aus. Sie begründeten ihren Antrag auf Verfahrenseinstellung auch mit der langen Prozessdauer. Der Schritt sei zum jetzigen Zeitpunkt angemessen, so die Rechtsanwälte Eberhard Kempf und Klaus Volk. „Wir haben heute einen Punkt erreicht, an dem der allseits gewünschte Rechtsfrieden erreicht ist“, sagte Volk. „Wir verzichten bewusst auf die Möglichkeit des Freispruchs, um das Verfahren aus Rücksicht auf unsere Mandanten abzukürzen.“
Aus Sicht der Anklagebehörde sei eine Verfahrenseinstellung gegen alle Angeklagten „kein Handel mit der Gerechtigkeit, sondern entspricht der Rechtslage und ist sachgerecht“, erklärte die Staatsanwaltschaft. Eine Gesamtbewertung aller relevanten Umstände ergebe, „dass weder die mögliche Schwere der Schuld noch das öffentliche Interesse einer Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung von Geldauflagen entgegenstehen“. Die Angeklagten seien zudem durch die insgesamt über sechsjährige Verfahrensdauer und das große Medieninteresse erheblich belastet worden. „Alle haben im Rahmen ihres Berufslebens Beachtliches geleistet und sind erstmals mit derartigen Tatvorwürfen konfrontiert worden.“