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Zwischen Würmern und Worten

Am Mittwoch ist Emmett Williams gestorben, einer der Begründer der Fluxus-Bewegung

Oft sah ich ihn bei Ausstellungen in Ursula Blocks Institution „Gelbe Musik“, dem Spezialgeschäft für Künstlerschallplatten in der Berliner Schaperstraße. Hier wurde und wird all das wahrgenommen und vorgestellt, was sich den Genres und Eindeutigkeiten verweigert. Ein wichtiger Ort für Emmett Williams, einem der Begründer der Fluxus-Bewegung, Performance-Künstler und Dichter aus den USA, geboren 1925 in Greenville, South Carolina. Mit Ursula und René Block verband ihn eine lange Freundschaft.

Neben John Cage, Joseph Beuys, Nam June Paik, Allan Kaprow und George Maciunas gehörte Williams zu den wichtigsten Persönlichkeiten der Bewegung, die die Grenzen von bildender Kunst, Musik und Dichtung öffnete. Ein wichtiger Weggefährte war der 1978 verstorbene litauische Künstler George Maciunas, mit dem er am legendären Fluxus-Gründungshappening in Wiesbaden im Jahr 1962 teilnahm.

Williams arbeitete gern mit anderen Künstlern zusammen: Denn nicht nur der Austausch und die Befruchtung der einzelnen künstlerischen Gattungen miteinander war Merkmal des Fluxus, sondern auch die Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichsten Künstlern. Die Bewegung hinterfragte die Grenzen zwischen Kunst und Leben wie auch die zwischen Ernst und Ironie. Das wird Emmett Williams sehr zugesagt haben. Sein Humor war legendär.

Im nördlichsten Weinberg der Welt, gelegen in der Gärtnerei Hofgrün am Berliner Kreuzberg, sah ich Emmett Williams im Jahr 2000, als er für die Ausstellung „Der hybride Garten“ einen Rahmen auf den Boden legte und Suppenbuchstaben hineinstreute. Sofort krabbelten einige Würmer aus dem Erdreich und fielen über das ergänzende Nahrungsangebot her. Eine Gärtnerin wurmte das. Angeekelt entfernte sie das Ensemble. Das wurmte wiederum Emmett Williams. Sicher dachte er an die Reinigung einer Badewanne seines Freundes Joseph Beuys durch eine Putzfrau in einer Kunsthalle. Es bewies ihm aber: Das Konzept Fluxus funktioniert nach wie vor.

Als Autor war Emmett Williams vor allem im Bereich der konkreten Poesie anzutreffen. Seine „Anthology of Concrete Poetry“ von 1967 gilt als Standardwerk. 1966 veröffentlichte er den erotischen Gedichtband „sweethearts“, der zu seinen wichtigsten Werken zählt, und 1992 seine Autobiografie „My Life in Flux – and Vice Versa“.

Noch Ende Januar war Williams, der mit der britischen Künstlerin und Poetin Ann Noel zusammenlebte, an einer Vorstellung zu Ehren von Nam June Paik in der Akademie der Künste beteiligt. Den überwiegenden Teil seines Lebens hat er in Europa gelebt. Seit Anfang der 80er war Berlin seine Wahlheimat. Am Mittwoch ist er dort gestorben. WOLFGANG MÜLLER

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