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Archiv-Artikel

Porno-Paul bringt NPD in Personalnot

Nach Austritten, Ausschlüssen und einem Todesfall verlieren die sächsischen Nationaldemokraten einen weiteren Abgeordneten wegen des Vorwurfs der Kinderpornografie. Daraufhin nominiert die Partei den letzten Nachrücker

DRESDEN taz ■ Sie werde nicht so leicht auseinanderfallen wie ihre Vorgänger in anderen Landtagen, sagten Politiker und Journalisten im Herbst 2004 über die sächsische NPD-Fraktion. Doch von den ursprünglichen zwölf Abgeordneten sind mittlerweile nur noch sieben übrig. Am Wochenende legte der 29-jährige Matthias Paul sein Mandat nieder und trat von allen Parteiämtern zurück. Der Grund: Paul wird des Besitzes und der Verbreitung von Kinderpornografie verdächtigt.

Das Landeskriminalamt durchsuchte seine Wohnung sowie seien Büros und stellte Bücher und Disketten sicher. Paul selbst sprach von „ungeheuerlichen Vorwürfen“ und beteuerte vor der Fraktion seine Unschuld. Für die nächsten Tage kündigte er eine persönliche Erklärung und juristische Schritte an.

Linke Kreise berichten jedoch unter Berufung auf einen vom Aussteigerprogramm Exit betreuten ehemaligen Dresdner Neonazi, Pauls pädophile Neigungen seien der NPD bekannt gewesen. Als 19-Jähriger soll er mit einer 14-Jährigen aus dem Bahnhofsmilieu verkehrt haben. Seine Angst vor dem Skandal einer Schwangerschaft habe ihm damals den Spott der rechten Szene eingetragen. Zu der Zeit war er bereits Mitglied des Landesvorstands, als dessen Sprecher er in den letzten zwei Jahren agierte. Er leitete außerdem den Kreisverband Meißen und hatte wesentlichen Anteil an der Ansiedlung des „Deutsche Stimme“-Verlages in Riesa. Paul galt als zurückhaltend und fiel nicht durch Provokationen auf wie viele seiner Fraktionskollegen.

Paul ist der vorerst letzte in einer Reihe von Ausfällen in der NPD-Fraktion. Im Dezember vergangenen Jahres waren bereits die drei Abgeordneten Mirko Schmidt, Jürgen Schön und Klaus Baier aus der Fraktion ausgetreten. Erst vor zwei Wochen schloss die Fraktion den 66-jährigen Klaus-Jürgen Menzel aus – wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten, nicht wegen seines offenen Bekenntnisses zu Adolf Hitler.

Ende August war der parlamentarische Geschäftsführer Uwe Leichsenring bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Für ihn rückte Alexander Delle nach, sodass die Fraktion noch über 8 Sitze verfügt. Für Paul wurde inzwischen der Zwickauer NPD-Kreisvorsitzende Peter Klose nominiert, der letzte mögliche Nachrücker auf der Landesliste. Klose wurde vor fünf Jahren trotz eines rüden Artikels gegen Sinti und Roma in einem Parteiblatt von einer Anklage wegen Volksverhetzung freigesprochen.

NPD-Fraktionschef Holger Apfel nahm Paul auffälligerweise nicht in Schutz und kündigte für heute eine Fraktionssitzung an. Apfel ist neben seinem Fraktionskollegen Winfried Petzold und Klaus-Jürgen Menzel selbst in das Visier von Oberstaatsanwalt Jürgen Schär geraten. Der Staatsschutz in Sachsen ermittelt wegen Beleidigung, uneidlicher Falschaussage und versuchter Strafvereitelung. Die NPD in Sachsen bekommt also weitere Probleme, die Immunität der Abgeordneten wurde bereits aufgehoben. Ihrer Beliebtheit scheint das nicht zu schaden. Meinungsumfragen bescheinigen ihr weiterhin ein Wählerpotenzial von 7 Prozent. MICHAEL BARTSCH