: Der Stuhl von RWE-Chef Harry Roels wackelt
Aufsichtsrat des Essener Stromriesen berät morgen über die künftige Konzernführung: Die auf das Kerngeschäft reduzierte RWE AG gilt als heißer Übernahmekandidat. Nachfolger für den Vorstandsvorsitz steht angeblich bereit
ESSEN taz ■ Harry Roels, Vorstandschef des Essener Energiekonzerns RWE, droht die Ablösung. Noch sei keine endgültige Entscheidung gefallen, hieß es gestern aus Aufsichtsratskreisen. Als sicher gilt aber, dass die Personalie Roels die morgige Sitzung des Kontrollgremiums beherrschen wird.
Der aus den Niederlanden stammende RWE-Chef steht seit Monaten in der Kritik. Roels wird vorgeworfen, ihm fehle eine Vorwärtsstrategie für den Atomstromproduzenten. Der 58-Jährige hat RWE seit seinem Einstieg im Jahr 2003 zwar radikal entschuldet. Auch der Aktienkurs stieg von 17 auf über 82 Euro. Doch erreichen konnte Roels diese Erfolge nur durch den Verkauf ganzer Geschäftsbereiche: Zuletzt trennte sich RWE für überraschende 12 Milliarden Euro von dem britischen Wasserversorger Thames Water (taz berichtete). Zuvor war die Müllentsorgung wie die Service-Tochter „Solutions“ verkauft worden.
Neue Geschäftsfelder dagegen fehlen. Die auf das Kerngeschäft reduzierte RWE AG gilt deshalb als heißer Übernahmekandidat. Den Konzernchef jedoch, der über Aktienoptionen im Wert von über fünf Millionen Euro selbst von steigenden Kursen profitiert, kümmert das wenig: Während sich Konkurrent Eon um einen Kauf des spanischen Energieversorgers Endesa bemüht, lässt Roels über einen Verkauf des RWE-eigenen Stromnetzes nachdenken. Denn nach Stromausfällen macht die Regulierungsbehörde Druck, fordert mehr Investitionen – und gleichzeitig sinkende Durchleitungsgebühren für Fremdanbieter.
Aufsichtsratschef Thomas Fischer, im Hauptberuf Vorstandsvorsitzender der WestLB, drängt deshalb auf eine Ablösung des Konzernchefs. Bestenfalls um zwei statt wie üblich fünf Jahre werde Roels‘ Vertrag verlängert, ist in Essen zu hören – die FTD meldet sogar, Fischer habe bereits einen Nachfolger gefunden. Eine Mehrheit im Aufsichtsrat gilt als denkbar: Noch immer halten Ruhrstädte wie Dortmund, Essen oder Mülheim rund 30 Prozent der Aktien der ehemaligen Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerke. Die aber hat Roels nicht nur mit seinem Ausstieg aus dem Müllgeschäft vergrätzt – der Konzernchef wertete jede Anregung als Einmischung. Unsicher ist auch die Unterstützung der Arbeitnehmervertreter: Aufsichtsrat Werner Bischoff vom Hauptvorstand der Energiegewerkschaft IGBCE wollte gestern „zu Spekulationen keine Stellung“ nehmen. ANDREAS WYPUTTA
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