: Hafencity-Uni ohne Zukunft
Ausgerechnet die Entwürfe zum Neubau der Bau-Uni scheren sich nicht um die Vorgaben der Bürgerschaft beim Klima- und Lärmschutz. Keinen ersten Preis beim Architekturwettbewerb vergeben
von Gernot Knödler
Die frisch gegründete Hafencity-Universität (HCU) soll eine Hochschule des 21. Jahrhunderts werden. Wenn es schlecht läuft, wird sie in ein Gebäude einziehen, das gedanklich aus dem 20. Jahrhundert stammt. Diese Befürchtung legt das Ergebnis des Architekturwettbewerbs nahe, bei dem die Jury gestern keinen ersten Preis vergab – unter anderem, weil sich kein Architektenteam an die ökologischen Vorgaben gehalten hatte.
Den zweiten Preis erhielt das Dresdener Architekturbüro Code Unique. Dessen Entwurf bescheinigten die Gutachter, „dass er die Kriterien der Nachhaltigkeit von den eingereichten Arbeiten am besten erfüllt“. Er sei so gestaltet, dass er die neue Hochschule wie gewünscht zu einem nach außen geöffneten Kommunikationszentrum für die Stadt machen könne. Positiv sei überdies, dass die Räume der Studenten in den schönsten Lagen am Wasser untergebracht seien.
Die HCU soll an eine der herausragenden Stellen der Hafencity gebaut werden: Am Magdeburger Hafen Ecke Baakenhafen muss es dem gegenüber geplanten, halbkieselförmigen Science Center Paroli bieten. Das Uni-Gebäude soll sich seiner Umgebung öffnen. Es soll Raum bieten für Lesungen und Diskussionen und zukunftsweisende Formen des Lernens und Lehrens.
Um die ökologische Zukunftsfähigkeit des Gebäudes sicherzustellen, verlangte die Bürgerschaft, dass der Energieverbrauch für das Heizen und Lüften um 35 Prozent unter den geltenden Grenzwerten liegen müsse. Auf Klimaanlagen sollte verzichtet, die Notwendigkeit künstlicher Beleuchtung auf ein Minimum reduziert werden. Bei keinem der Entwürfe sei nachgewiesen worden, dass sie diese Vorgaben erfüllten, kritisierten der Jury zuarbeitende Gutachter.
Zu einer so frühen Planungsphase habe die Jury nicht verlangen können, dass die Nachhaltigkeit der Entwürfe detailliert nachgewiesen werde, wiegelte Wissenschaftssenator Jörg Dräger (parteilos) ab. Die Jury habe sich die Frage gestellt: „Ist es im Grundsatz möglich, so ein Gebäude nachhaltig zu gestalten.“ Die Antwort laute „ja“.
Nachhaltigkeit sei eines der Themen der HCU, sagte Oberbaudirektor Jörn Walter. „Es ist überhaupt keine Frage, dass der Bau dieser Hochschule das auch zeigen muss“, versicherte er. HCU-Präsident Steven Spier erinnerte daran, „dass die Anforderungen immens sind“. Er freue sich auf die Feinarbeit mit dem jungen Architektenteam.
Code Unique gruppierten drei Gebäude um einen großen, zur Elbe hin offenen Hof. Der eigentliche Hochschulbau im Ostteil des Geländes besteht aus zwei durch ein gläsernes Atrium verbundenen Flügeln. Durch das Atrium hindurch werden Passanten vom künftigen Lohsepark in den Hof und weiter zur Elbe schlendern können. Im Erdgeschoss der Uni sehen die Architekten Martin Boden und Volker Giezek Restaurants und die Bibliothek vor. Unzufrieden war die Jury nach Walters Worten mit dem Fassadenentwurf und einem L-förmig aufragenden Kopfbau am Magdeburger Hafen, der im Modell so wirkt als sei er ein Platzhalter aus dem Masterplan.