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Archiv-Artikel

Die Angst vor zweiter Palastruine

Die Miteigentümer des Steglitzer Kreisels wollen die Asbestsanierung mit einer Klage gegen das Land verhindern. Der Umbau führe zu Umsatzeinbußen der Läden. Jetzt schaltet sich das Parlament ein

VON ROLF LAUTENSCHLÄGER

Der Steglitzer Kreisel, bekannt als Skandalnudel unter den Berliner Bauten, macht diesem Namen weiter alle Ehre. Nach der Ankündigung von Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD), das mit Asbest verseuchte Hochhaus an der Schlossstraße zu sanieren und nicht abreißen zu wollen, haben die Miteigentümer des Komplexes eine Klage gegen das Land Berlin beim Amtsgericht eingereicht.

Das Unternehmen Becker & Kries, dem das Sockelgeschoss mit Geschäften, Hotel und Gastronomien gehört, will den Umbau des 120 Meter hohen Turms, den das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf nutzt, nicht hinnehmen. Eine sich hinziehende Asbestsanierung in Form eines Stahlgerippes über den Geschäften führe zu großen Umsatzeinbußen der Betreiber, so Becker & Kries. Das Immobilienunternehmen plädiert nach wie vor für einen kompletten Abriss des Turmbaus – wodurch ihm eine Entschädigung in Höhe von rund 10 Millionen Euro zufiele.

Der Konflikt um den „Kreisel“ wird in der kommenden Woche den Bauausschuss im Abgeordnetenhaus beschäftigen. Der Vorsitzende des Gremiums, Manuel Heide (CDU), sagte schon jetzt, zwischen Land und dem Miteigentümer müsste eine Lösung gefunden werden. Es sei „unerträglich, wenn etwa fünf Jahre prozessiert wird“. Eine Bauruine „wie ein zweiter Palast der Republik an der Schlossstraße“ dürfe nicht entstehen.

Michael Arndt, baupolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag, will zwar auch die „lange Bauruine“ verhindern, steht aber zu seinem SPD-Finanzsenator, zur Sanierung und zu dem anschließend geplanten Verkauf. Klaus Peter von Lüdeke, FDP-Bauexperte, hält dagegen die Abriss-Idee noch immer für den besten Weg. Berlin wäre eine teure Last los. Das Grundstück könnte nach dem Abriss verkauft werden. Neues sollte dort entstehen, so von Lüdeke zur taz.

1980 war der Turm nach einer skandalösen Baugeschichte fertig gestellt worden. Jahre später wurde Asbest in dem Haus lokalisiert. Das Bezirksamt will 2007/2008 ausziehen. Danach soll – gibt es keine andere Entwicklung – die geschätzte 90 Millionen Euro teure Sanierung beginnen.

Dass es bis dahin ein steiniger Weg werden könnte, führen Becker & Kries vor Augen. Die Klage begründeten sie mit dem Vertrag, den das Unternehmen mit dem Land Berlin geschlossen hat. Man sei darin mit Berlin in einer Eigentümergemeinschaft verbunden, so der Vorstand Christian Kube. Weiter sei vereinbart, dass beide Partner jeweils ihren Teil des Ensembles dauerhaft in Ordnung zu halten hätten. Auch das Äußere des Kreisels dürfe nicht einschneidend verändert werden. Wenn Berlin nun beschließe, den Asbest zu entfernen, bedeutete das aber, „dass die Fassade, Trennwände und gesamte Technik entfernt werden“. In der Konsequenz bliebe nur das Stahlgerippe übrig. „Und wir wissen nicht, wie es danach weitergeht“, sagte Kube jüngst der Berliner Zeitung.

Das ist zwar richtig, die Blockade weist aber auch auf die weiteren Interessen von Becker & Kries hin. Ursprünglich hatten das Land und das Unternehmen vereinbart, dass bei einem Abriss des verseuchten Turms – wie ihn noch 2006 die Senatsverwaltungen für Stadtentwicklung und Finanzen diskutierten – Becker & Kries für die Unannehmlichkeiten in der Abrissphase mit 10 Millionen Euro entschädigt würden. Zugleich wäre Platz für den Ausbau des Geschäftszentrums – kein schlechter Deal für den Partner Berlins.