Realitätsferne Haltung

betr.: „Albträume von Männern“, taz vom 16. 2. 07

Wie lange noch wollen sich Familien, und insbesondere Frauen, von alten Männern vorschreiben lassen, wie sie die Betreuung ihrer Kleinkinder zu organisieren haben? „Realitätsfern“ ist für die Haltung von Ramsauer & Co. wohl eher ein Euphemismus.

Und wer hat die Behauptung in die Welt gesetzt, im Osten gäbe es ausreichend Krippenplätze? Das mag für ländliche Regionen zutreffen, in den Städten und dort vor allem in den an Kindern reichen Stadtteilen sind wohnortnahe Betreuungsplätze ausgesprochen rar. Viele Familien melden ihr Kind resigniert in keiner Krippe mehr an, sondern suchen sich eine vom Jugendamt subventionierte Tagesmutter. Mit Hilfe dieser in Crashkursen „ausgebildeten“ Tagesmütter und -väter wird in einem gleichermaßen lobenswerten wie hilflosen Ansatz der Versuch unternommen, die fehlenden Krippenplätze zu kompensieren. Mit einer qualifizierten Betreuung hat das wenig zu tun.

Mit einem gesetzlich verankerten Recht auf einen Krippenplatz, mit der Ausgestaltung der Krippen weg von der „Bewahranstalt“ hin zu qualifizierter frühkindlicher Förderung würde sich Deutschland in Zeiten der durch Pisa- und Unicef-Studien ausgelösten Bildungsdiskussion einen großen Gefallen tun. SUSANNE DIETEL, Leipzig