STEFFEN GRIMBERG DER WOCHENENDKRIMI
: Atomphysiker undercover

Diese hellblauen Augen könnten so manchen sentimental machen, aber in seiner Rolle als Atomphysiker Michael Armstrong lässt Paul Newman so ziemlich alles kalt. Schließlich ist „Der zerissene Vorhang“ (1966) Alfred Hitchcocks Antwort auf die damals erfolgreiche gestarteten „James-Bond“-Filme, und Armstrong soll den Teil einer Formel besorgen, der zum erfolgreichen Aufbau einer Raketenabwehr des Westens gegen nukleare Angriffe des Ostblocks fehlt. Dummerweise befindet sich diese Formel aber beim Klassenfeind in Ostberlin – weshalb Armstrong in Begleitung seiner Verlobten und Assistentin Sarah Sherman (Julie Andrews) allerdings erst mal nach Dänemerk schippern muss.

Dabei weiß Sarah zunächst gar nichts vom Plan des Geliebten, der sich unter freundlicher Mithilfe des DDR-Wissenschaftlers Karl Manfred in Ostberlin vor der Weltpresse als Überläufer aus Gewissensgründen präsentiert. Dass einem dieser Manfred vom ersten Augenblick an herzlich unsympathisch ist, versteht sich von selbst. Auch der smarte Stasi-Chef Heinrich Gerhard scheint direkt noch von der Gestapo übrig. Trotzdem werden beide später Karriere im deutschen TV-Krimi machen: Denn den Manfred spielt Günter Strack („Ein Fall für zwei“), und Hansjörg Felmy (Stasi-Gerhard) wird einer der wichtigsten Kommissare des frühen „Tatort“.

„Der zerrissene Vorhang“ bleibt aber immer echter Hitchcock: keine übermäßigen Spezialeffekte à la Bond, sondern gute, alte Suspense, die hier allerdings immer mal wieder ins Parodistische abschweift. Denn der Dreh fand ausschließlich in den USA statt. Und wie man sich vor 45 Jahren, mitten im Kalten Krieg, die real existierende DDR – Berliner Museumsinsel inklusive – vorstellte, ist absolut satiretauglich. So sah das wohl auch der Meister selbst, der natürlich seinen kleinen Auftritt hat – als babysittender Herr in der Kopenhagener Hotel-Lounge.

„Der zerrissene Vorhang“; Sonntag, 20.15 Uhr, Arte