LESERINNENBRIEFE :
Die Waffen geliefert
■ betr.: „Alle kampfbereit – außer Deutschland“, taz vom 19. 3. 11
Wenn die Bundesregierung fleißig Waffenlieferungen in die ganze Welt genehmigt und anschließend die Opfer dieser Waffenpolitik vor unserer Tür stehen, so können wir die Welt nicht retten. Wenn mit deutschen Steuergeldern über den Umweg Griechenland letztendlich die deutsche Waffenindustrie bezahlt wird, so lassen wir unseren Unmut an den Griechen aus. Wenn sich das libysche Volk gegen seinen Diktator erhebt, der natürlich waffentechnisch von uns bedient wurde, dann verweigern wir die Hilfe. Sage mir, mit wem du gehst, und ich sage dir, wer du bist. GABRIELE E. ESSNER, Bingen
Ein schwerer strategischer Fehler
■ betr.: „Sie feiern ihren Freund Sarkozy“, taz vom 19. 3. 11
Die Enthaltung der Bundesregierung im UN-Sicherheitsrat bei der Abstimmung über die Flugverbotszone über Libyen ist jenseits aller moralischen Empörung politisch ein schwerer strategischer Fehler. Obwohl die von der Bundesregierung selbst eingeforderten Bedingungen erfüllt waren und obwohl kein Automatismus zwischen der Entscheidung im Sicherheitsrat und der Beteiligung besteht, stellt sich die Bundesregierung an die Seite der Menschenrechtsverächter Russland und China, die sich aus durchsichtigen Gründen ebenfalls enthalten haben. Damit wird gezeigt, dass man dem Kampf der arabischen Jugend für Demokratie und Menschenrechte, trotz aller gegenteiligen verbalradikalen Beteuerungen, faktisch eine geringe Bedeutung beimisst. Die zukünftige Führungselite in diesen Ländern wird diese zögerliche Haltung genau registrieren. Die Sympathien für Deutschland sinken bereits rapide, und die Möglichkeiten, sich dort mit politischem Gewicht zu engagieren, werden erheblich eingeschränkt. EBERHARD SCHMIDT, Bremen
Die Diplomatie hat versagt
■ betr.: „Wichtiges Signal an die Bevölkerung Libyens“, taz vom 19. 3. 11
Im Gegensatz zu Ägypten und Tunesien hat sich in Libyen aus den Protesten ein Bürgerkrieg entwickelt, bei dem unklar ist, ob die Alternative zum brutalen Diktator Gaddafi so viel besser ist. Sind die Erfahrungen mit dem Herbeibomben von Demokratie nicht schlecht genug, um daraus zu lernen? Dass die Menschen in Libyen so naiv sind, zu glauben, dass es um sie geht, bezweifle ich sehr – zumal wenn gleichzeitig mit westlicher Billigung die Protestbewegungen in Bahrain und Jemen niedergeschossen werden. Zu welchem Recht wird sich hier so plötzlich und heuchlerisch bekannt? Zum Völkerrecht sicher nicht, das sieht das Eingreifen auf der Seite einer Bürgerkriegspartei bislang nicht vor. Die Diplomatie hat versagt, nicht gesiegt, weil sie nie glaubwürdig war. Nichts Neues, leider. Aber dass die taz dieses Manöver der westlichen Staaten, die sich dank Resolution „Weltgemeinschaft“ nennen, aus allen Rohren unterstützt, ist beschämend. URS KLEINERT, Berlin
Die richtigen Fragen stellen
■ betr.: „Freude über Luftangriff“ u. a, taz vom 21. 3. 11
Beim Thema der Flugverbotszone in Libyen müssen die richtigen Fragen gestellt werden. Eine richtige Frage lautet, nach welchen Kriterien das Grundprinzip des Völkerrechts der territorialen Unversehrtheit ausgehebelt wird. Moralische sind da sicher mindestens untergeordnet. Erst in Afghanistan, in dem vorher die späteren Gegner des Westens von diesem mit Waffen versorgt wurden – und nicht der Verbündete Pakistan, in dem Frauen übrigens ebenso unterdrückt werden. Dann der ölreiche Irak, vorher aufgerüstet und unterstützt im Krieg gegen den Iran. Jetzt Libyen.
Eine weitere Frage muss lauten, wer hinter den Rebellen im Osten Libyens steht. Was ist ihr Ziel außer der Gegnerschaft zu Gaddafi? Noch eine Frage ist, wer dem Psychopathen Gaddafi die Waffen geliefert hat, die jetzt mit großem medialem Hurrageschrei von früheren Kolonialmächten und Handelspartnern zerstört werden. Wer bei dieser Gemengelage von Interessen noch an Moral und den Sieg von Gerechtigkeit glaubt, der glaubt auch an die Entscheidungsfreiheit von Politikern ohne Einfluss von Lobbyisten. VOLKER BUNSE, Eberstadt
Nichtmilitärische Mittel nutzen
■ betr.: „Alle kampfbereit – außer Deutschland“, taz vom 19. 3. 11
Immerhin mussten die Regierenden in den letzten Jahren noch sagen, Krieg käme nur als Ultima Ratio in Betracht. Diese Zeiten scheinen vorbei zu sein. Beim Lesen der taz wurde mir in den letzten Tagen unwohl angesichts der „Kriegsbegeisterung“ etwa von Deniz Yücel und (abgeschwächt) von Dominic Johnson. Dass Johnson meint, die Resolution des UNO-Sicherheitsrats würde nicht zu einem Krieg führen, ist seltsam blauäugig. Und von „Ultima Ratio“ keine Rede mehr; lediglich die Bundeskanzlerin meinte am Sonntag, sie wolle nichtmilitärische Mittel nutzen. Dass die aktuelle Regierung für ihr Nein zu einer Kriegsbeteiligung von Rot-Grün attackiert wird, man sollte es sich merken, wenn beide sich mal wieder als Friedensparteien verkaufen wollen. ROLF ZAVELBERG, Köln