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Archiv-Artikel

Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Wäre schön, wenn auch Nichteltern mal drei Monate zu Hause bleiben würden – etwa Augsburgs Bischof Walter Mixa. Die Haltung der katholischen Kirche gegen Krippenplätze ist mit dem Abtreibungsverbot jedenfalls unvereinbar

Von DH
Am Thema Rauchen übt der Vormundschaftsstaat, was er sich bei Autobahnrasern und der Volkskrankheit Alkohol nicht traut

taz: Was war schlecht letzte Woche?

Friedrich Küppersbusch: Staat treibt Mitgliedsbeiträge von verfassungsfeindlichen Organisationen ein.

Was wird besser in dieser?

FDP wird wach und stellt Kirchensteuereinzug infrage.

Rauchen Sie noch?

Nein. Können Sie mich das noch mal fragen?

Rauchen Sie noch?

Nein.

Obwohl sich manche querstellen, haben die Gesundheitsminister der Länder ein weitgehendes Rauchverbot beschlossen. Was halten Sie davon?

Ich mag diesen Vormundschaftsstaat nicht. Fühlt sich an, als übte er am Thema Rauchen, sich willkürlich in Lebensbereiche einzumischen, die ihn nichts angehen. Zugleich guckt er tatenlos desinteressiert der Volkskrankheit Alkohol zu, gegen die es sich mit trefflichen Argumenten ebenso bevormunden ließe (USA) oder lässt (Schweden). Es ist halt schon hübsch asymmetrisch, zum Beispiel die Argumente gegen Rauchen und für unbegrenztes Tempo auf Autobahnen nebeneinander zu legen.

Welche Konsequenzen wird der „Nichtraucherschutz“ für Sie persönlich haben?

Zuletzt hatte es so eine Art plötzlicher konspirativer Nähe mit wildfremden Leuten, wenn man sich im Rauchereckchen oder vor der Tür kennenlernte.

Die Deutschen wollen bislang nur ein paar „Tornado“-Aufklärungsflugzeuge in den Süden Afghanistans schicken. Dennoch rechnet SPD-Fraktionschef Peter Struck mit etlichen Gegenstimmen. Warum ist der Einsatz so umstritten?

Weil es „deutsche Kriegsbeteiligung“ bisher nur in den Geschmacksrichtungen Verneinung oder Vergangenheit gibt. Selbst die kühnsten rot-grünen Veteranen wagen erst mählich, die Außenpolitik Fischers im Nachhinein als den Tabubruch einzusortieren, der er war. Die Zustimmung zum Afghanistaneinsatz haben Schröderfischer mit der Vertrauensfrage erpresst – Wahlen gewinnt man in Deutschland mit der Absage an, in diesem Falle, den Irakkrieg. Kurz: Je notdürftiger und fadenscheiniger die Tarnung deutscher Kriegführung, desto eifriger wird schon mal präventiv die „Ich war ja von vornherein dagegen“-Position für den späteren Rückzug klargemacht.

Viele warnen vor einer „Rückkehr zum Kalten Krieg“, wenn die USA ihr Raketenabwehrsystem in Europa aufstellen. Ist die Kritik berechtigt?

Ja – wenngleich man mit denken muss, dass die USA unter Busch den Kalten Krieg nie wirklich verlassen hatten.

Warum stationieren die USA ihre Abwehrraketen nicht in der Türkei? Ist ja näher an Iran.

Ja nun. Der ganze „Türkei muss in die EU“-Ärger kommt ja zum nicht geringen Teil daher, dass die USA auf territoriale Identität von Nato und EU drängen. Gerade konservative Europäer wären gern dagegen, sind aber als Atlantiker auch gern dafür. Die Türkei als „Flugzeugträger“ also ist das Konzept, das beweist, dass jede andere Stationierung andere Ziele verfolgt – eben: Kalter Krieg, den bösen Iwan einmauern.

Kurt Beck verlangt, Ausbeutung, Mindestlöhne, anständige Arbeitsbedingungen und soziale Absicherung bei G-8-Treffen zu thematisieren. Reicht das, um das soziale Image der Partei wieder zu stärken?

Siehe Steinbrücks Heuschrecken-Initiative: Schön, dass wir mal drüber geredet haben. Allerdings gehören diese Themen dringend in den Diskurs über die europäische Verfassung – denn die gefühlte Abwesenheit aller Sozialstandards hat in Frankreich und den Niederlanden die Ablehnung begründet. Die Nachbarn erwarten von der deutschen Ratspräsidentschaft, den Verfassungsprozess wieder gängig zu bekommen. Eine Definition eines „europäischen Sozialstaates“ dürfte den vorliegenden Verfassungsentwurf endgültig schreddern, denn auch alle Länder, die dem alten Entwurf bereits zugestimmt haben, müssten neu abstimmen. Und gerade diesen Mut aufzubringen würde die SPD schmücken.

Setzt die CDU-Familienministerin von der Leyen nur die Politik ihrer Vorgängerin Renate Schmidt fort – oder hat sie eine eigene Agenda?

Langfristig wäre für die SPD die Frage spannender, ob sie noch irgendetwas zu bieten hat, was die Leute bei einer Von-der-Leyen-Union nicht besser aufgehoben sähen.

Von der Leyen treibt die Konservativen auf die Palme. Wie kommen sie da wieder runter?

Jeder blamiert sich, so gut er kann. Die Haltung der katholischen Kirche gegen Krippenplätze ist mit dem Abtreibungsverbot eh unvereinbar, und immer mehr Katholiken würden es begrüßen, wenn auch Nichteltern, zum Beispiel Herr Mixa, drei Monate zu Hause bleiben würden.

Werden Merkel und von der Leyen die CDU so umkrempeln wie zuvor Schröder die SPD mit der Agenda 2010?

Noch erinnert mich das alles eher an die Geißler-Süssmuth-Union der 80er. Und vor allem sehe ich bisher keine Kanzlerin noch CDU-Vorsitzende, die sich schützend vor von der Leyen stellte. Langsam wird es Zeit.

Und was macht Borussia Dortmund?

Ist noch schwerer abzugewöhnen als Rauchen. FRAGEN: DH