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Archiv-Artikel

Sicherungsverwahrung ist keine Strafe

Wenn sie als „gefährlich“ angesehen werden, müssen Täter länger in Haft bleiben. Ein Überblick

Freiburg taz ■ „Zypries will gewalttätige Jugendliche härter bestrafen“, meldeten am Wochenende die Agenturen. Die Sicherungsverwahrung ist allerdings gar keine Strafe, sondern eine präventive Maßnahme. Das deutsche Strafrecht ist nämlich zweispurig, neben Strafen können auch „Maßregeln der Besserung und Sicherung“ verhängt werden.

Freiheitsstrafe: Hiermit sanktioniert das Strafrecht bereits begangene Kriminalität. Die Tat soll gesühnt, der Täter gebessert und die Gesellschaft abgeschreckt werden. Das Grundgesetz garantiert dabei, dass die Strafe im proportionalen Verhältnis zur Tat bleibt. Wenn sie abgesessen ist, wird der Täter entlassen. Derzeit gibt es in Deutschland rund 64.000 rechtskräftig verurteilte Strafgefangene.

Sicherungsverwahrung: Der Täter wird nach Verbüßung der Strafe nicht aus der Haft entlassen, wenn im Urteil neben der Strafe auch noch Sicherungsverwahrung angeordnet wurde. Hier geht es um die Verhütung künftiger Taten. Deshalb muss der Delinquent im Gefängnis bleiben – so lange, wie er als gefährlich gilt. Voraussetzung für die Anordnung der Sicherungsverwahrung ist, dass der Täter bereits mindestens einmal rückfällig geworden ist. Die Sicherungsverwahrung für „Gewohnheitsverbrecher“ wurde 1933 eingeführt. Die Zahl der Verwahrten hat sich in den letzten sieben Jahren auf jetzt knapp 400 verdoppelt.

Vorbehaltene Sicherungsverwahrung: Seit 2002 kann im Strafurteil die Sicherungsverwahrung in Aussicht gestellt werden. Das Gericht muss dann ein halbes Jahr vor der regulären Entlassung entscheiden, ob der Täter freikommt oder in Haft bleiben muss.

Nachträgliche Sicherungsverwahrung: Wenn im Strafurteil keine Sicherungsverwahrung ausgesprochen oder vorbehalten wurde, kann sie seit 2004 auch noch nachträglich verhängt werden. Erforderlich ist dann aber, dass sich die fortdauernde Gefährlichkeit erst in der Haft gezeigt hat. Die Gerichte legen diese Bestimmung bisher extrem restriktiv aus, sodass es wohl noch keinen einzigen Anwendungsfall gibt. So gelten bloße „Disziplinlosigkeiten“ im Vollzug nicht als ausreichend. Auch schwere Gewalttaten in der Haft reichen nicht aus, wenn dadurch nur die ursprünglich bereits vorhandene Gefährlichkeit zum Ausdruck kommt. Vor 2004 gab es bereits mehrere entsprechende Landesgesetze, die das Bundesverfassungsgericht aber wegen Unzuständigkeit der Länder kassierte. Christian Rath