Glos gegen Emissionshandel für Flugverkehr

Der Bundeswirtschaftsminister befürchtet starke Wettbewerbsverzerrungen und zu hohe Belastung der Volkswirtschaft

BERLIN taz ■ In der Bundesregierung bahnt sich ein Streit über den Klimaschutz im Flugverkehr an. Einen Tag nachdem sich Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) für die Einbeziehung des Flugverkehrs in den Emissionshandel ausgesprochen hatte (siehe taz von gestern), geht Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) auf Distanz zu seinem Kabinettskollegen. „Es ist noch völlig offen, ob der Luftverkehr sinnvoll in den Emissionshandel einbezogen werden kann“, erklärte Glos. Zudem befürchtet der Minister Wettbewerbsnachteile für die europäische Wirtschaft.

Tiefensee hatte im Gespräch mit dem Handelsblatt gesagt, die Bundesregierung wolle im Rahmen ihrer EU-Ratspräsidentschaft „die Pläne der EU-Kommission voranbringen, den Emissionshandel auf den Luftverkehr auszuweiten“. Damit würden ab 2011 auch Fluggesellschaften wie schon jetzt die übrige Industrie eine bestimmte Anzahl von Zertifikaten erhalten, die sie zum Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids berechtigen. Wer mehr verbraucht, muss Zertifikate zukaufen. Offen ist noch, ob die Papiere des Flugverkehrs gemeinsam mit denen der produzierenden Industrie an den Strombörsen gehandelt werden dürfen oder ob es ein eigenes System geben wird. Flugzeugabgase in der Luft gelten als dreimal so schädlich wie andere Emissionen. Einzelheiten will EU-Umweltkommissar Stavros Dimas am 20. Dezember vorlegen.

Dieser Vorschlag der Komission müsse „sorgfältig“ und „ergebnisoffen“ diskutiert werden, erklärte Glos. Es sei offen, ob der Emissionshandel auch, wie von der EU geplant, rechtlich auf Fluglinien aus Ländern außerhalb der Union ausgedehnt werden könne. Zudem erwartet er, dass internationale Airlines künftig die Drehkreuze in Europa meiden. Sollten nur die europäischen Fluglinien zur Teilnahme am Emissionshandel gezwungen werden, müsse mit „untragbaren Wettbewerbsverzerrungen“ gerechnet werden.

Zudem würden Fluglinien nach Einschätzung des Wirtschaftsministeriums eine Pflicht zur Verminderung des Ausstoßes von Kohlendioxid umgehen, indem sie Verschmutzungsrechte, sogenannte CO2-Zertifikate, kaufen. Dies würde die Preise im Emissionshandel erhöhen und die Volkswirtschaft belasten.

Unterstützung erhält Glos aus der Luftfahrtbranche. Jens Krüger, Sprecher des Bundesverbandes der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie, sagte der taz: „Wir warnen davor, den Luftverkehr als Wachstumsbranche weiter zu belasten.“ Bereits jetzt müssten Sicherheitskosten und andere Abgaben von den Unternehmen gezahlt werden. Auch eine Erhebung von Steuern auf Flugbenzin oder eine Ticketabgabe, die entwicklungspolitischen Projekten zugutekommen sollen, lehnt der Verband ab.

STEPHAN KOSCH