: „Wir sind so schlecht nicht“
Martin Gaebges, Interessenvertreter der Fluggesellschaften, will ein globales Gesamtkonzept
MARTIN GAEBGES, 57, ist seit 1999 Generalsekretär des Board of Airline Representatives in Germany (Barig).
taz: Herr Gaebges, Umweltschäden tauchen auf keiner Flugrechnung auf. Warum nicht?
Martin Gaebges: Sie tauchen nicht auf, weil der Luftverkehr in den letzten Jahren sehr viel getan hat. Man sieht es nur nicht. Wir transportieren jedes Jahr sechs Prozent mehr Passagiere, verbrauchen derweil aber nur drei Prozent mehr Treibstoff.
Sie fühlen sich zu Unrecht als Klimasünder hingestellt?
Wir sind so schlecht nicht. Es gibt inzwischen Flugzeuge, zum Beispiel die A 320, die pro Passagier auf 100 Kilometer etwa 3,3 Liter verbraucht. Das ist ein Wert, den wir im Straßenverkehr noch nicht erreicht haben.
Sie müssen auch den Verbrauch der Autos durch die Zahl der Passagiere teilen. Und: Jeder Liter Kerosin, der in Jet-Turbinen verbrennt, belastet das Klima dreimal so stark wie ein Liter Autosprit.
Das ist richtig. Sie müssen aber auch berücksichtigen, dass die Emissionen des Luftverkehrs bislang nur drei Prozent der Gesamtemission ausmachen. Sie sparen nicht viel, wenn sie heute den Flugverkehr einstellen.
Der Flugverkehr nimmt aber rasant zu. Arbeiten Sie an emissionsfreien Flugzeugen?
Es gibt kein Flugzeug, dass sich nur mit Sonnenenergie oder Wasserkraft betreiben lässt.
Bundeskanzlerin Angela Merkel will auf neue Techniken setzen. Haben Sie schon mit ihr gesprochen?
Noch nicht. Aber wir haben Grünen-Fraktionschefin Renate Künast einen Brief geschickt, weil sie uns immer wieder als Dreckschleudern bezeichnet.
Was verlangen Sie von der Regierung?
Wir brauchen nicht jeden Tag neue Ideen, sondern ein globales Gesamtkonzept.
Bis ein Gesamtkonzept steht, sind Jahre vergangen. Was lässt sich jetzt schon tun?
Die Lufthansa verschleudert jeden Tag allein in Warteschleifen in Frankfurt so viel Kerosin wie sie bräuchte, um elf Maschinen nach New York zu schicken. Auch Umwege sind ein Problem. Auf dem Weg von hier nach Hongkong verbummelt ein Flugzeug 25 Minuten.
Das heißt?
Wir müssen die Flugrouten optimieren. Allein in Europa könnten wir dadurch zwölf Prozent der Flugemissionen sparen. Dafür ist jedoch die europäische Flugsicherung zuständig.
Politiker raten, nicht mehr in Deutschland zu fliegen.
Ich halte nichts davon, wenn die Politik Bürgern Vorschriften macht. Aber dort, wo man auf den Zug umsteigen kann – bitte. Eine gute Strecke ist zum Beispiel Frankfurt–Köln.
Fliegen ist zurzeit im Vergleich zum Bahnfahren unschlagbar günstig. Ist ein Klimaaufschlag gerechtfertigt?
Solche Steuern bringen nichts, wenn sie nur in der Staatskasse verschwinden. Sie könnten funktionieren, wenn sie in Umweltprojekte fließen.
Das Umweltbundesamt rechnet für einen Flug von Frankfurt nach Mallorca rund 125 Euro Klimaaufschlag. Welche Summe halten sie für richtig?
15 bis 20 Euro würden die Kunden vermutlich zahlen – wenn auch murrend.