: Mit leisem Wortwitz und feiner Eleganz
RAP Er turnt fröhlich durch ein breites musikalisches Spektrum: Ahzumjot auf seinem neuen Album und als Gast von Prinz Pi
Wenn die Musik ein Planetensystem wäre, dann war der Berliner Rap, so schien es allzu lange, der Mars. Man fragte sich: Ist dort intelligentes Leben möglich?
Nun aber melden die Aufklärungssonden immer häufiger erstaunliche Funde: Ja, auch aus der Hauptstadt können Reimkünstler kommen, die nach ihrer Gangsta-Karriere mehr draufhaben, als Lobeslieder auf die Mutti zu singen. Einige dieser Exoten versammeln sich am 22. August in der Zitadelle Spandau: Prinz Pi hat Olson und Ahzumjot in sein Vorprogramm geladen.
Allerdings ist es womöglich dann doch bezeichnend, dass einer dieser Lichtblicke erst vor zwei Jahren nach Berlin gezogen ist und großen Wert darauf legt, dass er das heimatliche Hamburg nur aus beruflichen Gründen verlassen hat. Alan Julian Asare baute aus den Anfangsbuchstaben seiner beiden Vornamen sein Pseudonym Ahzumjot, ist mittlerweile 25 Jahre alt und veröffentlicht am Freitag sein zweites Album „Nix mehr egal“.
Plötzlich schwer begehrt
Schon mit seinem vor drei Jahren erschienen Debüt machte Ahzumjot Furore. „Monty“ war ein radikales Do-it-yourself-Projekt. Der in Hamburg-Horn aufgewachsene Sohn eines Ghanaers und einer Rumänin schrieb seine Texte, produzierte die Beats, nahm alles selbst auf und kopierte die CDs auch selbst, entwarf und druckte das Cover, verpackte die CDs und verschickte sie höchstpersönlich. Er wollte damals, erzählt er heute, vor allem einmal die eigene CD in Händen gehalten haben und rechnetet mit ein paar Dutzend Verkäufen. Am Ende wurden es 4.000, Ahzumjot ging mit Cro und Casper auf Tour und war plötzlich bei Plattenfirmen schwer begehrt.
„Nix mehr egal“ erscheint nun folgerichtig nicht mehr im Selbstverlag, sondern bei einem Unterhaltungskonzern, der seine deutsche Zentrale in Berlin hat. Wegen der Plattenfirma und vor allem wegen des ebenfalls hier ansässigen Studios von Nikolai Potthoff zog Ahzumjot 2012 nach Berlin. Potthoff hat früher einmal bei Tomte den Bass und in der Thees Uhlmann Band Gitarre gespielt, produziert sonst Bands wie Muff Potter oder die Soulsängerin Leslie Clio und hat also kaum Erfahrung mit HipHop.
Das kann man hören auf „Nix mehr egal“ und das war wohl auch genau die Absicht von Ahzumjot. Das Album bedient musikalisch kaum einmal Rap-Klischees, sondern turnt fröhlich durch ein denkbar breites Spektrum. Mal ist der Rhythmus synkopiert wie bei den Neptunes, dann flattert er wie im Techno-Club immer schön auf die Eins. Mal wird alles in romantische Streicher getaucht, dann muss ein einsames Klavier reichen.
Mal großer Popentwurf, mal rappelige Indie-Gitarren, mal stahlblaue Elektronik. So aufnahmenbereit sich Ahzumjot musikalisch zeigt, so offen ist er auch thematisch. Er verteilt in seinen mit leisem Wortwitz und selbstverständlicher Eleganz ausgestatteten Reimen Seitenhiebe auf Jay-Z ebenso wie auf Tim Bendzko, geht am Landtag in Sachsen vorbei, wenn sich die NPD gerade selbst demontiert, und schlüpft in immer wieder neue Rollen.
Vor allem aber gibt er einer von der eigenen Saturiertheit genervten Generation eine Stimme: „Hast du mal Feuer? Wir brennen es nieder, das Schlaraffenland.“ Wenn dann alles niedergebrannt ist, steht mit Ahzumjot ein versierter Wiederaufbauhelfer für den Berliner Rap bereit. THOMAS WINKLER
■ Ahzumjot: „Nix mehr egal“ (Vertigo Berlin/Universal)
■ Konzert Prinz Pi, Ahzumjot, Olson und DCVDNS: 22. 8., 18.30 Uhr, Zitadelle Spandau