Street Harassment : „Poppen! Poppen!“
Samstagnachmittag. Mit verwehter Kurzhaarfrisur und ausgeblichenem Trench eile ich durch die Genter Straße. Zwei junge Männer kommen mir entgegen, picklig und fetthaarig.
„Hopplahopp“, sagt der eine. „Poppeldipopp“, sagt der andere.
Ich denke, zu viel Didi & Stulle gelesen? „Popp, popp, popp“, sagt der Erste. Ich denke, können die lesen?
Inzwischen sind wir aneinander vorbei. Sie werden mutiger. „Poppen! Poppen! Poppen!“, bricht es aus ihnen hervor. „’n Quickie! Bei dem schönen Wetter!“
Kreativ war das nicht gerade. Da habe ich schon andere verbale sexuelle Belästigungen gehört. „Du hast gefickt“, als ich schwanger war. Oder: „Blutpissende Uganda-Hure“. Das rief man meiner Freundin Britt in Neukölln aus einem Auto heraus zu.
Dabei sieht sie weder nach Uganda aus, noch lässt ihr Äußeres darauf schließen, dass sie ihr Brot in der Prostitution erwirbt oder gerade an einer Blasenentzündung leidet.
Trotzdem werde ich die Fragen nicht los: Was soll so was? Haben die schon mal erlebt, dass jemand meinte: „Ja, klar, deine Pickel und dumme Fresse denke ich mir einfach weg, ich wohne gleich zwei Häuser weiter, komm doch mit“? Hat das was mit gestörtem Testosteron-Haushalt zu tun? Mit nicht existenten Gehirnzellen resp. Kinderstube? Soll mir diese Armseligkeit leid tun? Muss ich Angst haben?
In Mitte und Prenzlauer Berg passiert so was nie. Die verklemmten, Baudrillard-lesenden Jüngelchen pusten ja noch nicht einmal dann ihren Pony von der Streberbrille, um einen Blick zu riskieren, wenn man ihnen das Dekolleté aufs Macbook kippt.
Im Wedding reicht es aus, einigermaßen als Frau erkennbar zu sein, um dumm angemacht zu werden. Zu Hause gebe ich den Sketch des Tages zum Besten.
Mein Mann guckt ehrlich entsetzt und sagt nur: „Ist ja eklig!“
KIRSTEN REINHARDT