: Quer zum Mainstream
Die Oper über die skandalträchtige Herzogin von Argyll wurde in 12 Jahren bereits 50 Mal gespielt. Werner Schroeter inszeniert Thomas Adès „Powder her face“ in der Bundeskunsthalle in Bonn
VON REGINE MÜLLER
Thomas Adès‘ Kammeroper „Powder her face“ ist seine 66. Theaterinszenierung: Werner Schroeter zeigt sie derzeit in der Reihe „Bonn Chance!“ auf der Bühne des Forums der Bundeskunst- und -ausstellungshalle. 33 Filme hat der Filmregisseur Schroeter - der nicht nur den Jahrgang mit Rainer Werner Fassbinder teilt - bislang gedreht und ist ästhetisch einen ganz eigenen, unverwechselbaren Weg gegangen. Schroeters Schaffen kreist seit jeher um Aura und Geheimnis der Kunst selbst und um charismatisch tragische Frauenfiguren auf der Bühne und im Leben. Er hat große Sängerinnen porträtiert, Ingeborg Bachmann mit der von Isabelle Huppert gespielten „Malina“ und Marianne Hoppe mit „Die Königin“ Denkmale gesetzt und ist sperrig und umstritten geblieben. Denn Schroeter steht abseits der Trends und Moden und mit mittlerweile höchst subtil dosierter Subversion noch immer quer zum Mainstream.
Thomas Adès „Powder her face“ ist im Sinne der experimentell sein wollenden Reihe „Bonn Chance!“ freilich eine zweifelhafte Wahl. Das vor zwölf Jahren uraufgeführte Werk kann bereits auf eine sagenhafte Erfolgsgeschichte zurückblicken, denn die Oper über die skandalträchtige Margaret Whigham, Herzogin von Argyll wurde bereits 50 Mal nachgespielt und der 1971 geborene Komponist, damals noch ein Wunderkind, hat längst eine kometenhafte Karriere gemacht. Die verdankt sich sowohl seiner handwerklichen Meisterschaft, als auch dem enormem Einfallsreichtum und der süffigen Eingängigkeit seiner Musik. Experimentelles gibt es wenig zu entdecken an seiner kaleidoskopartig gebauten Kammeroper, die Schroeter mit großer Genauigkeit und viel Sinn für Ironie, Atmosphäre und Kolorit erzählt. Die Sänger – allen voran Jennifer Chamandy als Herzogin – sind fabelhaft und die souveräne Leitung des 15-köpfigen, engagiert spielenden Orchesters durch Thomas Wise mehr als überzeugend.
Powder her face 20:00 Uhr, Theater Bonn Infos: 0228-778225