: Ein Kapital für sich
Die geplante Gemeindereform der schwarz-gelben Landesregierung bedroht die Existenz kommunaler Wohnungsunternehmen. Wettbewerb mit privaten Fondsgesellschaften wird härter
VON HOLGER PAULER
Die kommunalen Wohnungsunternehmen fürchten um ihre Existenz. „Die von der schwarz-gelben Landesregierung geplante Gemeindereform schränkt unsere Aktivitäten stark ein“, sagt der Verband der Wohnungswirtschaft Rheinland Westfalen (VdW). Danach soll sich die öffentliche Hand zur Erfüllung ihrer Aufgaben nur dann noch wirtschaftlich bestätigen betätigen dürfen, wenn ein „dringender öffentlicher Zweck“ die Betätigung erfordert und „der öffentliche Zweck durch private Unternehmen nicht ebenso gut und wirtschaftlich erfüllt werden kann“.
Sollte die Gemeindereform in der vom Kabinett verabschiedeten Form durchkommen, könnten erforderliche Investitionen in die Modernisierung nicht mehr getätigt werden, sagt der VdW. Vor allem sozial schwächere Mieter würden darunter leiden. Private Anbieter hätten kein Interesse daran, sozialen Wohnraum zu bewirtschaften, da sie „diese eher unwirtschaftlichen Leistungen“ nicht erbringen wollten. Die im VdW rund 80 zusammengeschlossenen öffentlichen und kommunalen Wohnungsunternehmen bewirtschaften rund 360.000 Wohnungen in denen eine Million Mieter wohnen.
Vor allem im Ruhrgebiet könnte es zu massiven Veränderungen kommen. Die Kommunen Bochum, Dortmund, Duisburg, Essen, Gelsenkirchen und Mülheim bewirtschaften über ihre kommunalen Wohnungsgesellschaften 90.000 Wohnungen. Allein die halbstaatliche Bochumer VBW, Eigentümerin von rund 15.000 Mietwohnungen, hat im vergangenen Jahr 100 Millionen Euro in den Wohnungsbau investiert. Dabei ging es um Neubauten, Modernisierungen und Abrisse. Dieses Geld könnte nach der Reform fehlen.
NRW-Bauminister Oliver Wittke (CDU) wollte sich zu dem Thema nicht äußern. „Erst wenn wir die Grundlagen kennen, können wir uns mit eventuellen Auswirkungen auf die Wohnungswirtschaft beschäftigen“, sagte Wittkes Sprecher Stefan Heuschen. Außerdem sei die Reform keine Reform des Bauministeriums.
„Wir müssen uns bereits jetzt dem Wettbewerb mit ausländischen Investoren stellen“, sagt Dieter Krämer, Geschäftsführer der VBW. Der Bestandsschutz der aktuellen Immobilien soll zwar gesichert werden, zukünftige Investitionen stünden aber auf der Kippe. „Die Städte müssten dann ihre Beteiligungen in Frage stellen“, so Krämer. Zur Haushaltssanierung könnten auch Verkaufe anstehen. Dresden hat dies im vergangenen Jahr vor gemacht – 48.000 städtische Wohnungen wechselten zur Fondsgesellschaft Gagfah – der Verkauf kommunaler Wohnungen in Freiburg konnte nur durch einen Bürgerentscheid gestoppt werden.
Mieterverbände befürchten negative Folgen für Mieter. „Auch bei relativ entspannten Wohnungsmärkten wie im Ruhrgebiet gibt es eine Klientel, die auf öffentlich geförderte und bezahlbare Wohnungen angewiesen ist“, sagt Aichard Hoffmann vom Mieterforum Ruhr. Auch im Fall der Stadtentwicklung könnten Probleme entstehen. „Wir sorgen dafür, dass sich Wohn-Quartiere langfristig entwickeln und investieren auch in den Bestand“, sagt Krämer. Finanzinvestoren hätten daran kein Interesse, da sie Gewinne erzielen wollten. Diese würden durch Verkäufe oder Mieterhöhungen realisiert.
Er verwies dabei auf die Spekulationen, dass die Gagfah, Eigentümerin von 170.000 Wohnungen, Interesse an der Deutschen Annington bekundet hätte. Die Bochumer Tochter der britischen Fondsgesellschaft Terra Firma hatte erst vor zwei Jahren 150.000 Mietwohnungen der ehemaligen Eon-Tochter Viterra übernommen und den eigenen Bestand auf 230.000 aufgestockt. Nun will sie die Immobilien an die Gagfah weiterverkaufen. „Allein im Ruhrgebiet wären ein Drittel der Mietwohnungen in ihrer Hand.“