: Abend der langen Messer
Beim Showdown im Congress-Centrum rechnete St. Pauli-Präsident Corny Littmann mit dem Aufsichtsrat ab. Die Vorwürfe seien „unterhalb jeder Gürtellinie“. Der Aufsichtsrat schlug zurück: Littmann habe die Öffentlichkeit belogen
Es war der erwartete Abend der Langen Messer. Auf der Hauptversammlung des FC St. Pauli, die am Sonntag im CCH stattfand und bis nach Redaktionsschluss andauerte, kam es zum erwarteten Schlagabtausch zwischen Aufsichtsrat und Präsidium.
In einer 40-minütigen Rede, die zu Standing Ovations der Mehrheit der Versammelten führte, rechnete Corny Littmann mit dem Aufsichtsrat ab. Dieser habe mit „infamen Beleidigungen unterhalb jeder Gürtellinie“ alle Präsidiumsmitglieder und damit die für den Verein handelnden Personen in den Dreck gezogen. Durch diese Schüsse aus dem Hinterhalt sei auch der Zeitplan für den Neubau der Südtribüne gefährdet worden.
Selbst das Hamburger Landgericht habe die meisten der erhobenen Vorwürfe als „Schnee von gestern“ bezeichnet. Deshalb sei es kurios, dass die Kontrolleure die Entlastung des Präsidiums noch im vergangenen Oktober betrieben hätten, nun aber Vorgänge vor dieser Zeit zur Abberufung desselben nutzten. Vehement wehrte sich Littmann gegen den Vorwurf, Scheinverträge mit Spielern abgeschlossen zu haben, um Steuern und Alimente zu hinterziehen. „Wer bereit ist, einen unserer Spieler zur Schlachtbank zu führen, nur um den Präsidenten zu köpfen, gehört auf der Stelle in die Wüste geschickt“, sagte der Präsident. Sein Schlusswort: „Wer den Stadionneubau will, muss die Zähne zusammenbeißen und Littmann noch ein halbes Jahr tragen – mit diesem Aufsichtsrat aber geht es nicht mehr.“
Littmanns Stellvertreter schlugen in dieselbe Kerbe. Finanzfachmann Markus Schulz kündigte an, „nicht mehr zur Verfügung zu stehen“, da er sich für seine „ehrenamtliche Tätigkeit, für die ich meinen Job vernachlässigt und meine Ehe gefährdet habe, nicht auch noch verprügeln und beleidigen lassen“ wolle. Präsidiums-Vize Klaus Rummelhagen nannte die Vorwürfe der Kontrolleure gegen alle drei Präsidiumsmitglieder „diskriminierend, ehrabschneidend und beleidigend“.
Aufsichtsratssprecher Michael Burmester erwiderte, das Präsidium habe die Räte „zeitweilig über den wahren Stand des Tribünenneubaus getäuscht“ und die Öffentlichkeit falsch über den Konflikt mit dem Aufsichtsrat informiert. Statt sich mit den Vorwürfen zu befassen, habe Littmann eine „Medienkampagne“ gegen den Aufsichtsrat gestartet. MARCO CARINI