: Motorsägen im Urwald gestoppt
Der finnische Papierkonzern Stora Enso verzichtet vorläufig auf den Aufkauf von umstrittenem Holz aus Lappland. Doch noch bedeutet das keinen langfristigen Schutz
STOCKHOLM taz ■ Die Proteste gegen das Abholzen nordfinnischer Urwälder haben zu einem ersten Erfolg geführt. Der Papierkonzern Stora Enso teilte am Wochenende mit, kein Holz aus den umstrittenen Wäldern mehr aufkaufen zu wollen. Ein Schritt, zu dem sich das Unternehmen nach eigenen Angaben auch aufgrund der „von Aktionären zum Ausdruck gebrachten Besorgnisse“ entschlossen habe.
Die Umweltschützer von Greenpeace, die in der Vergangenheit durch verschiedene Protestaktionen vermutlich ihren Teil zu diesem Meinungswandel beigetragen haben, begrüßten die Entscheidung als „richtigen Schritt“. Ein endgültiger Schutz der Gebiete, die auch die Grundlage für die Rentierzucht vieler Samen bilden, sei aber noch nicht erreicht.
Denn Stora Enso will seine zukünftige Aufkaufpolitik bezüglich des Holzes aus diesen Wäldern von einer neuen Studie abhängig machen, die den ökologischen Wert der Wälder analysieren soll. Und schlägt hierzu die staatliche finnische Forstbehörde Metsähallitus vor. Greenpeace verwies darauf, dass sich gerade Metsähallitus in der Vergangenheit dadurch auszeichnete, die Interessen der Forstwirtschaft gegenüber denen des Umweltschutzes zu bevorzugen. Mehrfach hatte die Behörde klargemacht, keinen weiteren Schutzbedarf zu sehen.
Die Differenzen zwischen staatlichen Stellen und einer Mehrheit der Forstwissenschaftler beginnen bereits bei Definitionsfragen: Ordnen Letztere Waldbestände älter als 140 Jahre als „Altwälder“ ein, lehnt das Umweltministerium diese Bewertung bislang mit Hinweis auf das extrem langsame Baumwachstum in der nordischen Klimazone ab.
Neben einer unabhängigen Analyse fordern Umweltschützer und Forstwissenschaftler daher eine zusätzliche Studie, die sich mit der Frage befassen soll, welche Rolle die letzten ungeschützten Urwälder in Lappland und andere schützenswerte Wälder für den Erhalt der Artenvielfalt in Europa spielen – auch unter Berücksichtigung der Auswirkungen des Klimawandels auf das Ökosystem Wald.
Ein Verzicht auf die Holzrohware aus den umstrittenen Altwäldern wäre für die Papierwirtschaft unproblematisch. Laut Berechnungen von Metsähallitus kommen nämlich nur 1,8 Prozent des in Lappland von dieser Branche aufgekauften Holzes aus den umstrittenen Wäldern. Stora Enso verweist aber auf die Verantwortung gegenüber den dortigen Besitzern kleiner Wälder und Forstarbeitern.
Tatsächlich würde der Verzicht auf Abholzungen in den acht von Umweltschützern als zusätzlich schützenswert benannten Waldgebieten soziale Auswirkungen auf Teile der Lokalbevölkerung haben. Ein Einschlagstopp sollte deshalb, so auch die Meinung des finnischen Naturschutzverbands Luonnonsuojeluliitto, möglichst Teil eines Maßnahmenpakets sein, das den Menschen dort gleichzeitig andere Einnahmen ermöglicht – beispielsweise durch natur- und umweltschützerische Arbeit anstelle von forstwirtschaftlicher Waldnutzung. REINHARD WOLFF