: So ein bisschen wie der Stuckrad-Barre
Verlage im Norden (II): 2A, ansässig in Oldenburg. Das Druckhaus fördert junge Autoren und hat gerade einen Bestseller ediert: Thorsten Wohllebens Roman „Von null auf 30“. Nicht spektakulär, aber der „Generation Golf“ durchaus angenehm
Thorsten Wohlleben lebt in Oldenburg, verwaltet Computerdaten bei der Polizei und hat ein Buch geschrieben. „Aus Langeweile“, sagt er. „Von Null auf 30“ heißt es. Und wäre es bei Fischer oder Kiepenheuer & Witsch herausgekommen, klebte sicherlich ein Sticker mit den Worten „Junge Literatur“ oder „Cool und hip“ auf dem Buchumschlag.
Doch diese Verlage haben bereits ihre Florian Illies‘ und von Stuckrad-Barres, und vielleicht ist es irgendwann auch mal gut mit den immergleichen Erinnerungen, mit Büchern, die „aus Langeweile“ geschrieben werden und in noch langweiligeren Erinnerungen schwelgen. Man hat es alles schon gelesen, auch Wohlleben, der zwar ganz gewandt von Alltagsbanalitäten berichtet, doch im Grunde nichts zu erzählen hat: Da ist der pubertierende Protagonist, Schneider heißt er, der will mit Mädchen knutschen, hat Samantha Fox an der Wand über seiner Monchichi-Tapete hängen, onaniert heimlich zu Pornofilmen und trinkt in Diskotheken so lange Bier, bis er nur noch willenlos herumliegt. Und die Band Bros findet er „sowas von scheiße“. Nostalgische Verständigungsliteratur, so harmlos und vorhersehbar wie Pointen von Mario Barth oder Rüdiger Hoffmann.
Dennoch, oder gerade deshalb, ist „Von Null auf 30“ der Verkaufsschlager des 2A-Verlags. Mittlerweile ist die zweite Auflage des Buchs erschienen, die ersten 500 Stück sind vergriffen. „Das ist selten bei uns“, sagt Stephanie Rosbiegal, seit 1999 erste Vorsitzende des Verlags. „Wir haben auch etliche Ladenhüter.“ „Von Null auf 30“ sei aber so „ein bisschen wie der Stuckrad-Barre oder Generation Golf, da finden sich viele junge Leser selbst wieder“.
Auf spezielle Genres oder Autoren legt sich der Verlag nicht fest. Da ist etwa Harald Galle, Jahrgang 1926, und sein tagebuchartiges „Kraft meiner Willkür“ ebenso vertreten wie die 27-jährige Sabine Svenja Maria Witte mit ihrem modernen Märchen „Engelsbraut“. Eines jedoch eint die meisten Autoren des Verlags: Sie sind Debütanten. Gewiss, sie sind auch Hobbyautoren, aber durchaus ambitionierte: Sie wollen nicht nur für sich und den Verwandten- und Bekanntenkreis schreiben. Sie wollen einem großen Publikum ihre Geschichten erzählen.
Der 2A-Verlag erhält jährlich an die 200 Manuskripte. Im Gegensatz zu so genannten Bezahlverlagen, in denen jeder veröffentlichen kann, der den Druck finanziert, erscheinen nur wenige der zugesandten Texte. In manchen Jahren sind es nur ein oder zwei Bücher. „Es ist uns zeitlich gar nicht möglich, mehr zu veröffentlichen. Wir arbeiten alle ehrenamtlich“, sagt Rosbiegal, die im Hauptberuf Redakteurin ist.
Doch auch im 2A-Verlag müssen die Autoren sich an den Druckkosten beteiligen, jedoch nur zu 60 Prozent. Zudem übernimmt der Verlag Pressearbeit und Vertrieb und bietet dem Autor eine Gewinnbeteiligung von zehn Prozent, sollte das Buch in eine zweite Auflage gehen. Stephanie Rosbiegal versteht den 2A-Verlag insofern keineswegs als Konkurrenz zu etablierten Verlagen. Eher als Sprungbrett. Dass sich Thorsten Wohlleben nach dem Erfolg seines Erstwerkes „Me, Myself And Her“ sowie einigen wohlwollenden Rezensionen in diesem und jenem Tageblatt nach einem renommierteren Verlag umschaute, findet Rosbiegal daher legitim.
Voller Enthusiasmus verschickte Wohlleben das Manuskript von „Von Null auf 30“ und organisierte einige Lesungen. Die Resonanz war dennoch bescheiden. Immerhin hat sich kürzlich ein Team der Bavaria-Fernseh-Produktion gemeldet. Und „ein großer Verlag hat von sich aus nach dem Buch gefragt“, sagt Rosbiegal. Doch bis heute sei kein Feedback gekommen, und so klopfte Wohlleben doch noch mal beim 2A-Verlag an. „Von Null auf 30“ erschien, und der Verlag hatte einen kleinen Star, einen, dessen Buch bei Amazon im Paket mit Oliver Uschmanns „Voll beschäftigt“ angeboten wird und bei der durchschnittlichen Kundenbewertung vier von fünfSterne hat. Einen mehr als „Generation Golf“. ANDREAS BOCK