Grieche ohne Gyros

Natalie Tenbergs Gastro- und Gesellschaftskritik: Griechen im Test (II) – Das Ousies in Berlin-Schöneberg bietet Feinheit statt Fleischbergen

Seitdem das Gyros den Sprung von der Imbissbude ins Restaurant geschafft hat, mag sich so mancher ein griechisches Lokal ohne Gyros-Teller gar nicht mehr vorstellen. Es ist zum einfachen Familienrestaurant geworden: das Stammlokal zum Sattwerden. Italienische Restaurants ohne Pizza haben sich im gehobenen Segment etablieren können, warum nicht auch ein Grieche ohne Gyros?

Da wäre das Ousies in Berlin-Schöneberg. Schon die Einrichtung fällt aus dem Rahmen der üblichen Griechen mit Akropolisbild und Plastikweintrauben an der Wand heraus. Dafür sieht es aus, als seien Tine Wittler und Konsorten Amok gelaufen. Der vordere Raum fördert das Griechenlandflair, denn er ist, künstliches Schrägdach inklusive, einer Taverne nachempfunden.

Überall steht oder hängt etwas herum: staubiges Leergut auf der Fensterbank, Chilis unter der Decke, Korken in einer Schüssel, und überall brennen Kerzen. Hinter der Theke werden die Gläser in blauen Schränken gelagert, wie wir sie aus Omas Vorratsraum kennen. Legt man erst den inneren Zwang ab, alles ordnen und mal feucht abwischen zu wollen, wird man mit einer gemütlichen Atmosphäre belohnt.

Kitschig wird es im hinteren Raum. Der ist einem mediterranen Innenhof nachempfunden, was stark Richtung Schmerzgrenze tendiert, sie aber dankenswerterweise nicht überschreitet. Der eine nennt es überladen, der andere eben liebevoll.

Einhellig wird die Meinung in Bezug auf die Vorspeisen. Prinzipiell sind die gleichen Dinge auf der gemischten Vorspeisenplatte zu finden wie beim Stammgriechen, doch alles einen Dreh raffinierter. Wenn es als Hauptgericht keinen Gyros gibt, man aber unbedingt gegrilltes Fleisch am Spieß haben möchte, kann man das Souvlaki mit Pommes frites nehmen. Das Fleisch ist anständig gewürzt, wenn auch leicht zäh. Die Fritten hingegen sind knochentrocken, da hilft auch der Käse nicht, der nach griechischer Art darübergeraspelt wurde.

Nun gut, Berlin ist nicht Belgien und zum Frittenessen geht man nicht ins Ousies. Denn obwohl das Mousaka hervorragend ist, der Fisch zart, die Besonderheit des Ousies liegt in den vielen kleinen Speisen wie gefüllten Weinblättern, Spinattaschen oder frittiertem Fischrogen. Statt sich den Bauch mit einem großen Berg vollzuschlagen, macht es Spaß, die vielen Kleinigkeiten zu probieren. Es verleiht eine schöne Ahnung davon, dass die griechische Küche mehr sein kann als nur Fleischberge mit Knoblauch.

TAVERNA OUSIES, Grunewaldstr. 16, 10829 Berlin-Schöneberg, Tel. (0 30) 2 16 79 57, U-Bahn Eisenacher Straße, Vorspeisen ab 3,40 €, Cola 1,80 €, Veltins 0,4 l. 2,70 €, geöffnet tägl. ab 17 Uhr, Reservierung empfohlen