Ostsee stärker strahlenbelastet als Nordsee

RADIOAKTIVITÄT Strahlung ist Folge des AKW-Unfalls von Tschernobyl 1986, aber Studie des staatlichen Hamburger Fischerei-Ökologie-Instituts beschwichtigt: Gefahr für Gesundheit bestehe nicht

Wegen Ähnlichkeit zu Calcium reichern sich Radionukleide in Nahrungskette an

Fische aus der Ostsee sind deutlich stärker radioaktiv belastet als aus der Nordsee. Der Unterschied liegt etwa beim Faktor zehn. Das geht aus einer Studie des staatlichen Johann Heinrich von Thünen-Instituts hervor. Es bestehe jedoch auch bei Fischen aus der Ostsee keine Gesundheitsgefahr durch Radioaktivität.

Innerhalb der Ostsee sei die Belastung im Bereich der Kieler und Mecklenburger Bucht geringer als weiter östlich im Bornholmer Becken oder der Danziger Bucht. „Dies ist immer noch eine Folge des Tschernobyl-Unfalls, bei dem der Ostseeraum besonders stark vom radioaktiven Niederschlag (Fallout) betroffen wurde“, schreiben die Autoren Ulrich Rieth und Günter Kanisch im Forschungsreport (1/2011 S. 31-34), der vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz herausgegeben wird.

Insgesamt geben die Autoren aber Entwarnung: Selbst die höhere Belastung der Ostseefische liege in einer unbedenklichen Größenordnung. „Der Verzehr von Ostseefisch und Fisch insgesamt trägt zu weniger als 0,01 Prozent zur natürlichen Strahlenbelastung des Menschen bei.“ Für Cäsium-137 liegen die Werte in der Ostsee zwischen weniger als 3 Becquerel (Bq) je Kilogramm Fisch in der Lübecker Bucht und mehr als 5 Bq im Finnischen Meerbusen. Die Einheit Bq gibt an, wie viele Atome pro Sekunde zerfallen. 3 Bq bedeuten hier, dass in einem Kilogramm Fisch pro Sekunde drei Cäsium-137-Atome zerfallen. Der Grenzwert liegt bei 500 Bq.

Bei der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl 1986 wurden große Mengen Radionukleide freigesetzt. Von besonderer Bedeutung sind dabei Strontium-90 und Cäsium-137 mit einer Halbwertszeit von etwa 30 Jahren, die sich wegen ihrer Ähnlichkeit zu Kalium und Calcium in der Nahrungskette anreichern. Das Hamburger von Thünen-Institut für Fischereiökologie überwacht die Radioaktivität in Meeresorganismen in Nord- und Ostsee sowie im Nordatlantik. (dpa)