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Archiv-Artikel

Deutsche rauchen weniger, trinken aber noch viel

SUCHT Verbote und höhere Steuern wirken, sagen Experten: Der Tabakkonsum nimmt seit 2000 deutlich ab

9,7 Liter reinen Alkohol trinkt der Deutsche jedes Jahr

BERLIN taz | Die Deutschen rauchen und trinken weniger als noch in den Jahren zuvor. Das geht aus dem Jahrbuch „Sucht 2011“ hervor, das die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) am Dienstag in Berlin präsentiert hat. Die Zahlen aus dem Jahr 2009 zeigen, dass der Tabakkonsum in den vergangenen Jahren stark rückläufig war, während der Konsum von Alkohol nur leicht abnahm.

Im Jahr 2000 rauchte der durchschnittliche Deutsche knapp 1.700 Zigaretten pro Jahr. 2009 waren es nur noch 1.050. Für DHS-Geschäftsführer Raphael Gaßmann ist der Rückgang ein deutlicher Beweis, dass Rauchverbote, Steuererhöhungen, Warnhinweise und die Einschränkung der Tabakwerbung ihre Ziele nicht verfehlt hätten: „Das Image hat sich geändert. Rauchen ist nicht mehr cool.“ Besonders die schrumpfende Zahl jugendlicher Raucher sei positiv zu beurteilen.

Der Alkoholkonsum in Deutschland sinkt laut dem Bericht seit 1995 konstant – aber nur sehr langsam. Wurden 2009 in Deutschland pro Kopf 9,7 Liter reiner Alkohol verbraucht, waren es 2005 noch genau 10 Liter. Gaßmann sprach von einem „Tropfen auf den heißen Stein“, denn noch immer stehe Deutschland im internationalen Vergleich weit vorne.

Laut einer Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) belegte die Bundesrepublik 2005 den elften Platz der Länder mit dem höchsten Alkoholkonsum. Damit lag Deutschland deutlich vor den meisten osteuropäischen Ländern wie Polen und vor allen skandinavischen Ländern.

Bei der Medikamentenabhängigkeit gibt es keine derart zuverlässigen Zahlen. Gaßmann gab an, dass mindestens eine Millionen Menschen in Deutschland medikamentenabhängig seien. Man müsse hier dringend nachbessern, weil es derzeit keine verlässlichen Studien zur Medikamentenabhängigkeit gebe, obwohl bekannt sei, dass viele Arzneimittel schon nach drei Wochen zur Abhängigkeit führen könnten.

Rudolf Egg, Direktor der Kriminologischen Zentralstelle, wies am Dienstag auf den starken Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und Kriminalität hin. Rund ein Drittel der Gewaltstraftaten geschähen unter Alkoholeinfluss. Die Berliner U-Bahn-Attacke des vergangenen Wochenendes sei hierfür ein Beispiel. Im Straßenverkehr forderten Alkoholunfälle 440 Tote. Das entspricht einem Zehntel aller Verkehrsopfer. SEBASTIAN FISCHER