Briten setzen Patrouillenfahrten aus

Die 15 vom Iran freigelassenen britischen Soldaten sind wieder zu Hause – inmitten einer Diskussion über ihr Verhalten und die Umstände ihrer Freilassung. Großbritannien und Iran bestreiten, dass es einen Deal gegeben habe, doch vieles spricht dafür

„Früher hätte man Namen, Rang und Nummer angegeben. Mehr nicht“

VON RALF SOTSCHECK

Sie sind wieder zu Hause. Die 15 britischen Soldaten, die am 23. März von iranischen Streitkräften wegen einer angeblichen Grenzverletzung in Gewahrsam genommen worden waren, sind am Donnerstag in London-Heathrow gelandet. Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad hatte am Vortag ihre Freilassung „als Geschenk an das britische Volk“ angekündigt.

In dem Moment, als das Flugzeug mit den Soldaten über die Downing Street, den Amtssitz des britischen Premierministers Tony Blair, schwebte, trat der vor die Tür und gab eine Pressekonferenz. Er beschuldigte die iranische Regierung, den Terrorismus im Irak zu fördern. Seit Sonntag sind sechs britische Soldaten in Basra getötet worden. „Es gibt Elemente im iranischen Regime, die die Terroristen im Irak finanzieren, bewaffnen und unterstützen“, sagte Blair. Es gebe allerdings keine Beweise, fügte er hinzu, dass die Iraner in diesem konkreten Fall ihre Hände im Spiel hatten.

Über die Freilassung der Soldaten freue sich die gesamte Nation, sagte Blair. Syrien und Qatar sollen hinter den Kulissen eine wichtige Rolle bei der Vermittlung gespielt und Verhandlungen zwischen London und Teheran ermöglicht haben. Die wurden von Blairs außenpolitischem Berater Nigel Sheinwald und Ali Laridschani vom iranischen Sicherheitsrat geführt. Beide Seiten betonten, dass es keine geheimen Geschäfte gegeben habe. Die gab es aber offenbar doch. Ein iranischer Diplomat, der vor zwei Monaten in Bagdad gefangen genommen wurde, ist am Dienstag nach Teheran zurückgeschickt worden. Am selben Tag erklärten die USA, dass iranische Beamte Zugang zu fünf iranischen Diplomaten erhalten, die im Februar im Nord-Irak festgenommen worden sind.

Die 15 Soldaten sagten in einer Presseerklärung: „Natürlich sind wir sehr glücklich, dass wir wieder zu Hause in Großbritannien bei unseren Lieben sind. Die Begrüßung hier in Heathrow wird keiner von uns vergessen.“ Das Verteidigungsministerium hat noch nicht entschieden, ob sie nächste Woche wieder auf ihr Schiff, die HMS „Cornwall“, zurückkehren müssen oder Sonderurlaub erhalten.

Das Verteidigungsministerium hat sämtliche Kontrollfahrten im Persischen Golf bis auf weiteres eingestellt und eine Untersuchung der Ereignisse eingeleitet. Admiral Jonathon Band, der Chef der Königlichen Marine, bescheinigte den 15 Soldaten „beachtliche Würde und jede Menge Mut“. Ihre Entscheidung, sich kampflos zu ergeben, sei „in Anbetracht der gewaltigen Übermacht vollkommen korrekt“ gewesen.

Andere Offiziere äußerten sich kritischer. Feldwebel Bob Stewart, der Kommandant der britischen Truppen in Bosnien, sagte, er sei mit dem Verhalten der Soldaten höchst unzufrieden. „Ich kann nicht verstehen, warum unsere Leute kategorisch erklärt haben, dass sie sich in iranischen Gewässern befanden, und sich dafür entschuldigt haben“, sagte Stewart. Generalleutnant Michael Gray, der in den Siebzigerjahren die Fallschirmjäger kommandierte, sagte: „Zu meiner Zeit hätte man Namen, Rang und Nummer angegeben. Mehr nicht.“

Für erhebliche Diskussionen sorgte ein Interview mit Kapitän Chris Air, einem der 15 Soldaten, das er bereits vor drei Wochen gegeben hatte, das aber erst vorgestern gesendet wurde. Er hat darin eingeräumt, dass die Patrouillenfahrten auch dazu dienen, iranische Aktivitäten zu erkunden. Die britische Regierung widersprach ihm: Die Soldaten sollten lediglich Handelsschiffe auf Waffenschmuggel kontrollieren.