: Umweltschutz als Wettbewerbsvorteil
Ökonomen zeigen, dass sich soziale und vor allem ökologische Maßnahmen in Unternehmen auszahlen: Wer die Ressourcen effizienter nutzt, hat einen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz. Und der lässt sich jetzt in Euro und Cent berechnen
VON BEATE WILLMS
Umweltschutz, sichere Arbeitsplätze und wirtschaftlicher Erfolg gehen durchaus zusammen. Das zeigt ausgerechnet die BMW AG. Der Autohersteller hat mit seinen ökonomischen, ökologischen und sozialen Ressourcen fünfmal so viel Mehrwert geschaffen wie der Durchschnitt der Unternehmen in Deutschland. Das zeigt eine Studie des Berliner Instituts für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT). Auch im Vergleich mit den Rivalen DaimlerChrysler und Volkswagen schneiden die Münchner gut ab: BMW war doppelt so effizient wie der Stuttgarter und sogar dreimal so effizient wie der Wolfsburger Konzern.
Das Institut versteht die Studie auch als Testlauf für einen neuen Bewertungsansatz, den „Sustainable Value“: Umwelt- und Sozialleistungen werden in Geldwert umgerechnet, sodass am Ende einfache Euro-Kennzahlen stehen, die wiedergeben, wie gut es Unternehmen gelingt, diese Aspekte von Nachhaltigkeit mit den ökonomischen zu vereinbaren. BMW beispielsweise erwirtschaftete mit den untersuchten Ressourcen einen Mehrwert von 8,2 Milliarden Euro.
Nachhaltigkeit ist heute als Leitbild in den meisten Unternehmen verankert. „Das gehört einfach zum guten Ton“, sagt Tobias Hahn vom IZT, Mitautor der Studie. Allerdings seien „die Umweltabteilungen oft Parallelwelten“. In den Vorständen werde Nachhaltigkeitsmanagement vor allem unter PR- und Imageaspekten verhandelt. „Das ökologische Bewusstsein resultiert in der Regel aus der Sorge, in der Öffentlichkeit als Ökosau dazustehen“, so Hahn. „Es reicht aber nicht, um in den Kernprozessen und bei den Produkten wirklich etwas zu verändern.“
Ein Grund dafür ist, dass die Ergebnisse der bisherigen Bewertungsverfahren für die nachhaltige Wirtschaftsleistung von Unternehmen nur schwer operationalisierbar sind. Entweder versucht man, die Kosten von Ressourcen darüber zu errechnen, welche Belastungen ihr Einsatz verursacht. Das bleibt aber vage, weil es zu den meisten ökologischen und sozialen Schäden bislang bestenfalls Schätzungen gibt. Oder man arbeitet vor allem mit Daten aus Befragungen der Unternehmen, ihrer Mitarbeiter, von Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften. Auf diese Weise entstehen beispielsweise die Öko-Ratings von Finanzagenturen wie oekom research. Hahn: „Die Ergebnisse sind sehr interessant, aber eben auch nicht in Euro berechenbar.“
Der Sustainable-Value-Ansatz folgt nun der Bewertungslogik der Finanzmärkte und geht davon aus, dass Ressourcen mehr oder weniger effizient eingesetzt werden können. Er verrechnet sie mit der Wertschöpfung von Unternehmen und vergleicht das Ergebnis mit dem Durchschnitt der Volkswirtschaft und der Branche. Berücksichtigt werden 10 Kenngrößen: Wie viel Kapital, wie viel Arbeit und wie viel Wasser wird gebraucht? Welche Mengen Kohlendioxid, Stick- und Schwefeloxiden, leichtflüchtigen organischen Verbindungen, Deponie- und Sonderabfällen sowie Feinstaub entstehen? Und wie viele meldepflichtige Arbeitsunfälle passieren?
Für die Studie haben IZT und SDRC 28 Unternehmen untersucht. Die Daten stammten aus den Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichten für 2004. Fazit: Nur 17 der Firmen schufen mit ihren ökologischen und sozialen Ressourcen einen Mehrwert, die übrigen vernichteten teilweise Milliardensummen. Am effizientesten waren nach BMW der Autozulieferer und Industrietechnikhersteller Bosch, der Pharmakonzern Merck und der Maschinenbauer Krones. Ganz schlecht schnitten dagegen die Energiekonzerne Eon und RWE ab, die 14- und 14,3-mal schlechter waren als der Benchmark.
Auch Forscher an anderen Instituten halten den Sustainable-Value-Ansatz für interessant. Sie warnen aber davor, ihn überzubewerten. Um zu beurteilen, wie nachhaltig ein Unternehmen wirtschaftet, reiche der Ansatz nicht aus, sagt Jana Gebauer vom IÖW in Berlin. „Zur Nachhaltigkeit gehört mehr, als sich in Euro abbilden lässt: Etwa wie Stakeholder, also Mitarbeiter, Anteilseigner, Lieferanten, Gläubiger, Kunden und Staat einbezogen und beteiligt werden.“ Darüber hinausgehende Fragen von Suffizienz, also einem nicht nur möglichst effizienten, sondern möglichst geringen Verbrauch von Ressourcen, müssten ohnehin gesamtgesellschaftlich geklärt werden. Trotzdem könne der Sustainable-Value-Ansatz Nachhaltigkeitsratings in Zukunft wesentlich verbessern, weil er die Ressourceneffizienz, die ein wichtiger Aspekt von Nachhaltigkeit ist, sehr transparent messe. „Und er spricht tatsächlich eine Sprache, die in den Unternehmen verstanden wird.“