PRESS-SCHLAG : Eine Frage des Drehmoments
PERSONALIEN Dafür ist es nie zu früh: In der Bundesliga kommt das Trainerkarussell bereits nach dem dritten Spieltag in Schwung
André Hahn darf man keinen Vorwurf machen, er hat ja nur seinen Job erledigt. Hahn ist seit dieser Saison Rechtsaußen bei der Gladbacher Borussia. Als solcher ist er auch dafür zuständig, Tore zu schießen. Am Samstag hat Hahn einen rundum gelungenen Arbeitstag absolviert. Zweimal hat er getroffen, später dann auch noch die Fohlen-Kollegen Max Kruse und Raffael, was letztendlich ein doch ziemlich formidables 4:1 der Gladbacher gegen den FC Schalke 04 ergab.
Für André Hahn war es also ein toller Abend. Für Jens Keller eher nicht. Der Trainer der Schalker steht nach einem Punkt aus den ersten drei Saisonspielen mit den Königsblauen nicht nur auf einem Abstiegsplatz, sondern unter Druck. Das freilich ist nichts Neues, sondern eher Normalität. 21 Monate ist Keller nun Trainer auf Schalke, seit 21 Monaten steht er mehr oder weniger vor dem Rauswurf, weshalb ihm die Kollegen vom kicker nun den Künstlernamen „Er-steht-immer-unter-Druck“-Keller verpasst haben.
Keller ist also ein Dauerkandidat für den nächsten Trainerwechsel – und somit den ersten in dieser Weltmeisterliga-Saison. Als Favorit Nummer zwei gilt gemeinhin Mirko Slomka, der bemitleidenswerte Trainer des Hamburger SV. Wer nun die Meinung vertritt, es sei noch etwas zu früh in der Spielzeit, um schon wieder das Karussell anzukurbeln, irrt. Die Trainerrauswurf-Geschichte der Bundesliga lehrt jedenfalls anderes – und es sind durchaus klangvolle Namen, die darin vorkommen. Rinus Michels zum Beispiel, dem der 1. FC Köln im Jahr 1983 bereits nach dem zweiten Spieltag das Stühlchen vor die Tür stellte, was Platz eins im Rauswurfranking ergibt. Diesen freilich teilt sich Michels mit Morton Olsen, der – Achtung! – 1995 ebenfalls in Köln nach zwei Spieltagen sein Trainerzimmerchen räumen musste. Dritter im exklusiven Kreis der Zwei-Spieltage-Trainer ist der heutige Wolfsburg-Coach Dieter Hecking, den es 2009 bei Hannover 96 erwischte.
Dabei haben Michels, Olsen und Hecking noch ganz schöne lange werkeln dürfen – zumindest im Vergleich zu Rolf Fringer und Jörn Andersen. Der Schweizer Fringer musste 1996 beim VfB Stuttgart schon vier Tage vor Saisonbeginn den Dienst quittieren, der Däne Andersen 2009 in Mainz sogar noch einen Tag früher. Zumindest in die vorderste Spitze dieser Rekordliste werden es der Schalker Keller und der Hamburger Slomka also nicht mehr schaffen. Wer ihnen böse wöllte, könnte sagen: Nicht einmal dafür reicht’s.
Gerade noch möglich für Keller und Slomka wäre bestenfalls Rang vier im Bundesliga-Rauswurf-Ranking. Den freilich müssten sich die beiden unter anderem mit Andreas Brehme (2002/Borussia Dortmund), Karl-Heinz Feldkamp (1988/Eintracht Frankfurt) und Bruno Labbadia (2013/VfB Stuttgart) teilen. Für dieses Trio kam jeweils nach dem dritten Spieltag das Aus.
FRANK KETTERER