: Britische Geisel hingerichtet
GROSSBRITANNIEN Erneut wurde ein gefangener Ausländer vom Islamischen Staat auf brutale Weise zu Tode gebracht. David Cameron verspricht Einsatz gegen die Terrormiliz
PREMIER DAVID CAMERON
VON RALF SOTSCHECK
BERLIN taz | Er war erst drei Tage in Syrien, als er von Islamisten im März vergangenen Jahres entführt wurde. Gestern veröffentlichte die Terrormiliz Islamischer Staat ein Video, auf dem die Hinrichtung des 44-jährigen David Haines zu sehen ist. Vor seiner Enthauptung musste er eine Erklärung vorlesen. Darin machte er den britischen Premier David Cameron „vollständig verantwortlich“ für seine Exekution. „Sie sind freiwillig in eine Koalition mit den Vereinigten Staaten gegen den Islamischen Staat eingetreten – genau wie Ihr Vorgänger Tony Blair, der dem Trend unter britischen Premierministern folgte, nicht den Mut aufzubringen, Nein zu den Amerikanern zu sagen.“
Haines wurde im englischen Yorkshire geboren, wuchs aber im schottischen Perth auf. Dort lebt heute noch seine 17-jährige Tochter aus erster Ehe. Haines arbeitete zwölf Jahre lang für die Royal Air Force, bevor er sich bei verschiedenen humanitären Hilfsorganisationen engagierte. 1999 ging er im Auftrag des deutschen Arbeiter-Samariter-Bundes nach Kroatien, um Bürgerkriegsflüchtlingen zu helfen. Dort lernte er seine zweite Frau Dragana kennen, mit der er eine vierjährige Tochter hat. Seit 2004 setzte man ihn in Libyen und im Südsudan ein.
In Syrien sollte er gemeinsam mit dem italienischen Kollegen Federico Motka für die französische Organisation Acted mögliche Standorte für Flüchtlingslager nahe der türkischen Grenze erkunden. Die maskierten Entführer ließen den syrischen Fahrer laufen, Motka und Haines wurden verschleppt. Der Italiener wurde später von seiner Regierung für knapp 6,3 Millionen Euro freigekauft. Haines hatte dieses Glück nicht, denn die britische Regierung zahlt kein Lösegeld.
Nach den US-Journalisten James Foley und Steven Sotloff ist Haines die dritte westliche Geisel, die seit Anfang August ermordet wurde. Damit musste man seit elf Tagen rechnen. Haines war in dem Video von der Ermordung Sotloffs zu sehen, der wiederum im Video von Foleys Hinrichtung aufgetaucht war. Daher weiß man auch, dass das nächste Opfer wieder ein Brite sein wird: Gegen Ende des Haines-Videos ist Alan Henning im Bild, der ebenfalls für humanitäre Hilfsorganisationen gearbeitet hat. Bei dem Maskierten, der in den drei Videos die Botschaft des „Islamischen Staats“ verkündet, scheint es sich um denselben Mann zu handeln – einen Engländer mit Londoner Akzent.
Cameron bezeichnete Haines als „britischen Helden“ und verurteilte die Tat als „verwerflichen und widerlichen Mord an einem Unschuldigen“. Er rief den britischen Notstandsausschuss Cobra gestern Mittag zu einer Sondersitzung ein. Danach sagte er, er werde „alles dafür tun, um die Schuldigen ihrer gerechten Strafe zuzuführen“. Großbritannien sei bereit, dass diese üble extremistische Gruppe zerstört werde. „Das sind keine Muslime, sondern Monster“, fügte er hinzu. Cameron hat allerdings auch versprochen, außer in einem Notfall nicht ohne Genehmigung des Parlaments britische Truppen für militärische Aktionen gegen den Islamischen Staat abzustellen.