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Archiv-Artikel

Der Basis ist männlich

Bei Hamburgs CDU dominieren erneut die Männer auf den aussichtsreichen Posten für die Bürgerschaftswahl. In den Wahlkreisen wurden nur wenige Direktkandidatinnen nominiert

VON SVEN-MICHAEL VEIT

Aufrichtig ist diese Aussage wohl, allgemein gültig allerdings nicht. „Die Strukturen und Entscheidungswege innerhalb der CDU Hamburg sind häufig selbst für Mitglieder nur schwer durchschaubar“, heißt es auf der Homepage der Hanse-Union zu einem den Parteiaufbau erläuternden Schaubild, das einen Spitzenplatz auf der Liste der verwirrendsten Grafiken aller Zeiten verdient hätte. Eine Struktur allerdings ist offensichtlich: Wenn es um Sitze in der Bürgerschaft geht, wird Hamburgs CDU zur frauenfreien Zone.

83 KandidatInnen für Direktmandate in den 17 Wahlkreisen sind nominiert worden, darunter nur 19 Frauen. Auf den als sicher geltenden Plätzen 1 und 2 rangieren nur noch fünf Frauen, aber 29 Männer. Das sei „eben Basisdemokratie“, zuckt Parteichef Dirk Fischer die Schultern, „das muss man so akzeptieren“. Von „erheblichem frauenpolitischen Nachholbedarf“ spricht allerdings eine Abgeordnete, die lieber nicht namentlich genannt werden möchte: „Ich will nicht meine Chancen schmälern, es über die Landesliste noch zu schaffen.“

Diese soll am 2. Juni auf einem Parteitag beschlossen werden. Die erste vorbereitende Sitzung des 17-köpfigen Wahlausschusses wird bereits am nächsten Samstag abgehalten. Dann werden 13 Männer und vier Frauen schon mal die grobe Richtung vorgeben. Ob die Liste aber die Demokratie der Basis korrigieren wird, ist fraglich. Ein gutes Dutzend Christdemokratinnen müssten auf den ersten 20 Listenplätzen nominiert werden, um der Parteisatzung Genüge zu tun. Denn die sieht ein Frauenquorum von einem Drittel vor (siehe Kasten Seite 21).

Zurzeit sind 15 von 63 CDU-Abgeordneten in der Bürgerschaft weiblich, gerade mal 24 Prozent. Als sichere Sitze in der kommenden Legislatur gelten jedoch nur 54, denn dass die Union wieder die absolute Mehrheit in einem Parlament aus nur drei Fraktionen erhält, ist zweifelhaft. Also müssten zu den fünf aussichtsreich platzierten Kandidatinnen in den Wahlkreisen noch 13 weitere Frauen weit vorne auf der Liste nominiert werden. „Aussichtslos“, sagt die ungenannte Abgeordnete.

Durchaus prominent besetzt ist die Reihe der PolitikerInnen, deren letzte Chance die Liste ist. Bettina Bliebenich aus Rahlstedt ist immerhin Vizepräsidentin der Bürgerschaft und Karen Koop aus Osdorf stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Auch Wirtschaftspolitikerin Barbara Ahrons, Rechtsexpertin Viviane Spethmann, Jugendpolitikerin Stefanie Strasburger und Frauenpolitikerin Marita Meyer-Kainer müssen zittern. „Wir drängen darauf, dass das Quorum erfüllt wird“, sagt Meyer-Kainer. Dieses sei aber „immer wieder ausgehebelt“ worden, klagte kürzlich in der Tageszeitung Welt Nicole Sieling von der Frauen-Union. Und verwies darauf, dass etwa 40 Prozent der CDU-Mitglieder Frauen seien.

Teilweise übermächtig aber scheint die männliche Konkurrenz. An Bürgermeister Ole von Beust, Finanzsenator und Parteivize Michael Freytag, Fraktionschef Bernd Reinert und Parlamentspräsident Berndt Röder führt schon mal kein Weg vorbei.

Harte Konkurrenten sind aber auch Schulpolitiker Robert Heinemann, Umweltpolitiker Hartmut Engels und Innenpolitiker Manfred Jäger, der im Wahlkreis Fuhlsbüttel gegen Fraktionsgeschäftsführer Klaus-Peter Hesse unterlag und nun sein Heil auf der Liste suchen muss; ebenso der Eimsbütteler Kreischef Wolfgang Beuß oder Harald Krüger, der als CDU-Obmann im Protokoll-PUA dafür zu sorgen hat, dass die Affäre klein gekocht wird. Auch Landesvorständler Stefan Kraxner und André Trepoll, Chef der Jungen Union, wollen nicht kampflos klein beigeben. Das wären schon mal elf Herren, und es gäbe da noch weitere zu nennen.

Einen Spitzenplatz sicher hat Birgit Schnieber-Jastram, Zweite Bürgermeisterin und stellvertretende Parteivorsitzende. Auch Koop wird durchkommen, Bliebenich und Ahrons wohl ebenfalls. Danach aber ist alles offen.

Wie Hamburgs Christdemokraten unliebsame Satzungsfragen klären, bewies ein Kleiner Parteitag im vorigen September. Bei der Wahl der Delegierten zum Bundesparteitag erfüllte die Vorschlagsliste das Quorum ebenfalls nicht. Also wurde der erste Wahlgang aufgerufen, nach drei Sekunden für ergebnislos beendet erklärt – und zum zweiten Wahlgang gebeten.

Der nämlich ist unquotiert.