JENNI ZYLKA DER WOCHENENDKRIMI
: Der letzte Gentlyman

They ain’t makin’ policemen like Gently anymore: Der unbestechliche Inspektor und der junge, beatnikaffine Sergeant Bacchus sind von jenem Polizistenschlage, der spürt, wenn jemand lügt. Sie fahren im Rover 2000 oder im MGB Coupé durch die nordenglische Landschaft der 60er und lassen sich viel Zeit für die stilvolle und altmodische Indizienermittlung, die vor allem mit Sensibilität, Aufmerksamkeit und Kombinationsvermögen zu tun hat.

Dabei beginnt der erste Fall der neuen Gently-Staffel ganz harmlos: Ältlicher Hausbesitzer wird erschlagen aufgefunden, auf der Verdächtigenliste stehen 1. die kaltherzige, vom Tod profitierende Immobilienmaklerin und 2. der verschwundene Gärtner, der es ja im Zweifelsfall ohnehin immer war. Aber auch der streberhafte junge Dorfsergeant weiß ein wenig zu viel über die Historie des Hauses. Und irgendetwas ist mit dem Dorfarzt und der Ex des Toten im gepflegten britischen Busch.

Fast bis zur Hälfte der 90 Minuten entwirren und verknüpfen Gently und Bacchus die Fäden um einen möglichen langweiligen Mord aus finanziellen Gründen, bis sie sich – intuitiv – tiefer in die Dorfannalen buddeln und schließlich einen ganz anderen, viel schrecklicheren Fall finden. Plötzlich geht es um die Vergangenheit des Gebäudes als Waisenhaus, um eine konventionelle, vom Viktorianismus geprägte Erziehung, die Kinderrechte komplett negiert, und um noch viel, viel Schlimmeres.

Gently und Bacchus, der im Nebenstrang einem aufstrebenden jungen Beatpoeten Mut zusprechen muss, scheitern an der Mauer des Schweigens, die eine (Dorf-)Gemeinschaft in solchen Fällen aufbaut. Und aus dem gemächlichen, grün anzusehenden, dramaturgisch und ästhetisch konventionell gestrickten Whodunit ist unversehens eine subtile, didaktische, aber immer noch wichtige Gesellschaftskritik geworden, die Grausames projiziert, ohne Bilder des Grauens zu verwenden.

„George Gently – Der Unbestechliche: Vergeltung“, So., 22 Uhr, ZDF