: Schutz vor peinlichen Fotos
SEXUALSTRAFRECHT Ein Gesetzentwurf der Regierung sieht Freiheitsstrafen für jene vor, die unbefugt Fotos schießen, die das „Ansehen der abgebildeten Person“ gefährden können
VON CHRISTIAN RATH
FREIBURG taz | Die Bundesregierung will mit Hilfe des Strafrechts den Persönlichkeitsschutz verbessern. Wer unbefugt ein Foto macht, das „geeignet ist, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden“, muss mit Haft bis zu zwei Jahren rechnen. Das Gleiche gilt für unbefugte Nacktaufnahmen.
Die geplanten Verschärfungen finden sich in einem Gesetzentwurf, mit dem vor allem das Sexualstrafrecht geändert werden soll. Am Mittwoch wurde er vom Bundeskabinett angenommen und auf den Weg gebracht. Die Grünen-Abgeordneten Katja Keul und Franziska Brantner kritisierten, der Entwurf enthalte Regelungen, „die weit über das erforderliche Maß hinausgehen“.
Als Justizminister Heiko Maas (SPD) seinen Vorschlag im April erstmals vorstellte, war noch von „bloßstellenden“ Fotos die Rede. Diese sehr weit gehende Formulierung wurde jetzt ersetzt durch Bezug auf das Ansehen der Person, das „erheblich“ geschädigt sein könnte. Dadurch sollte die Strafbarkeit nicht eingeschränkt, sondern präzisiert werden.
Als Beispiel nennt die Begründung des Entwurfs nach wie vor Fotos, die blutende Opfer von Straftaten zeigen oder betrunkene Personen abbilden. Die Strafbarkeit könne im Einzelfall entfallen, wenn die abgebildete Person in das Foto eingewilligt hat. Auch die Pressefreiheit sei gewahrt, heißt es im Gesetzentwurf. Ein Foto ist nicht rechtswidrig, wenn es „zur Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen gemacht wird“.
Fotos gegen den Willen der Abgebildeten zu verbreiten war bisher schon strafbar. Hier wird nur die maximale Strafdrohung von einem auf drei Jahre erhöht.
Das Ministerium sieht Bedarf vor allem beim Cyber-Mobbing unter Schülern, wenn peinliche Fotos unter Klassenkameraden per Smartphone weitergereicht werden. Auch unbefugt geknipste Fotos „unbekleideter“ Personen sollen künftig strafbar sein.
Anlass für die Neuregelung war der Fall des Ex-Abgeordneten Sebastian Edathy, der Fotos von nackten Jungen gekauft hat, deren Strafbarkeit zweifelhaft ist. Die nun geplante Strafdrohung bezieht sich aber nicht nur auf Fotos von Kindern und Jugendlichen, sondern auch auf welche von Erwachsenen.
Wenn Eltern Fotos von ihren nackten Kindern (etwa im Planschbecken oder auf dem Wickeltisch) machen, können sie im Namen der Kinder einwilligen, sodass die Aufnahme nicht strafbar ist. Wirksam soll die Einwilligung der Eltern aber nur sein, wenn die Kinderbilder „im familiären Bereich verbleiben und allenfalls im Verwandten- oder Bekanntenkreis gezeigt werden“– unwirksam ist die Einwilligung dagegen, wenn die Bilder „auf einschlägigen Wegen“ neben Kinderpornografie weitergegeben werden sollen.
Der 52-seitige Gesetzentwurf enthält eine Vielzahl weiterer Regelungen, vor allem zum Sexualstrafrecht. So soll die Verjährung von Sexualdelikten künftig erst mit dem 30. Geburtstag des Opfers beginnen. Bei schweren Delikten endet die Verjährung damit erst, wenn das Opfer 50 wurde. So soll eine späte Strafverfolgung ermöglicht werden, wenn das Opfer traumatisiert war.
Andere Änderungen ergänzen das Strafrecht nur um Nuancen. So soll sich künftig auch ein Vertretungslehrer, der mit einer Schülerin Sex hat, wegen Missbrauchs von Schutzbefohlenen strafbar machen. Als Kinderpornografie gilt künftig auch die Darstellung schlafender Kinder in geschlechtsbetonter Körperhaltung. Bisher war erforderlich, dass die Haltung in wachem Zustand aktiv eingenommen wird. Und die Kontaktanbahnung zu einem Kind, um es zu sexuellen Handlungen zu bringen – das sogenannte Grooming –, ist künftig auch per Telefon strafbar.