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Archiv-Artikel

Praktika doch nicht so häufig

HIS-Studie zeigt: „Generation Praktikum“ gibt es so nicht. Nur eine Minderheit betroffen

BERLIN taz ■ Die „Generation Praktikum“ ist ein Mythos. Dies ist das Ergebnis einer Befragung unter 10.000 HochschulabsolventInnen durch das Hochschulinformations-System (HIS). Die Abgänger des Jahrgangs 2005 wurden 6 bis 18 Monate nach dem Abschluss befragt.

Laut Studie hat nur etwa jeder achte Fachhochschulabsolvent und jeder siebte Universitätsabgänger nach dem Studium noch ein Praktikum absolviert. Der berufliche Einstieg über Praktika sei also nicht der Regelfall, meint das HIS. Die „Generation Praktikum“ gäbe es so nicht, und die Verbreitung von „Praktikumskarrieren“ sei gering. Die durchschnittliche Zahl absolvierter Praktika nach dem Abschluss liege bei 0,19 an Universitäten und 0,14 an Fachhochschulen.

Wer nach dem Studium noch Praktika macht, hängt wesentlich von den absolvierten Studiengängen und den Wirtschaftszweigen ab. Als besonders „praktikumsintensive“ Branchen erweisen sich für Universitätsabsolventen dabei Medien und das Verlagswesen. Für Fachhochschulabsolventen ist das Baugewerbe eine Praktikumswiese. Selten sind dagegen Praktika in den Bereichen Gesundheitswesen, Schulen und Hochschulen.

Jeder vierte Sprach- und Kulturwissenschaftler sowie jede fünfte Absolventin der Psychologie machen ein oder mehrere Praktika nach dem Studium. Magister stellen mit 34 Prozent generell die häufigsten Praktikanten. Praktika noch nach dem Studium sind aber auch bei Absolventen der Studiengänge Biologie und Wirtschaftswissenschaften häufig zu finden. Unter Abgängern von technischen und naturwissenschaftlichen Fächern kommen Praktika nach dem Abschluss dagegen kaum vor. Insgesamt sind mehr Frauen als Männer betroffen.

Die Studie zeigt auch, dass die AbsolventInnen nach den Praktika verschiedene Strategien gefunden haben, der Unsicherheit am Arbeitsmarkt auszuweichen. 10 Prozent der Universitätsabgänger hatten sechs Monate nach dem Praktikum ein weiteres Studium angefangen. 15 Prozent hatten sich für eine Promotion entschieden, 13 Prozent befanden sich im Referendariat, 10 Prozent schlugen sich mit Honorar- und Werkverträgen durch, und 11 Prozent waren arbeitslos. Für die Fachhochschulen sind die Werte geringer. Fachhochschulabsolventen machen seltener Praktika und finden schneller einen Arbeitsplatz. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt begrüßte die Ergebnisse der Studie. Das „Horrorszenario“ einer Generation Praktikum gebe es nicht. Er wendet sich daher gegen Regulierungen: „Ob ein kürzeres oder längeres Praktikum sinnvoll ist, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe eine Vergütung angemessen ist, kann immer nur im konkreten Einzelfall entschieden werden“, sagte Hundt.

Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ingrid Sehrbrock warnte dagegen vor voreiligen Schlüssen. „Diese Ergebnisse sind wenig aussagekräftig“, sagte sie. „Der Befragungszeitpunkt von einem halben bis maximal anderthalb Jahren nach Studienabschluss ist zu kurz, um Angaben über den Berufseinsteig beziehungsweise Praktika nach dem Studium machen zu können.“ Gespräche mit Betroffenen und die Ergebnisse einer Studie des DGB gemeinsam mit der FU Berlin und die Online-Petition zum Thema mit über 60 000 Stimmen zeigten, dass viele junge Menschen im Praktikum als billige Arbeitskräfte missbraucht werden. ANNEGRET NILL