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Archiv-Artikel

Staatsanwälte wollen nicht ermitteln

Der Agent Werner Mauss wirft dem „Focus“-Redakteur Josef Hufelschulte vor, ihn mit brisanten Unterlagen erpresst zu haben. Der Chef des Bundeskriminalamts hält Mauss für glaubwürdig, die Münchener Staatsanwaltschaft hingegen offenbar nicht

AUS FREIBURG CHRISTIAN RATH

Die Staatsanwaltschaft München wird gegen Focus-Redakteur Josef Hufelschulte nicht wegen Erpressung ermitteln. Das sagte der Münchener Oberstaatsanwalt August Stern gestern der taz. Der Agent Werner Mauss hatte am Wochenende in einem Interview mit Spiegel Online Erpressungsvorwürfe gegen Hufelschulte erhoben.

Schon seit Jahren verkaufen korrupte Beamte im Bundeskriminalamt geheime Sicherheitsunterlagen an Journalisten und Nachrichtenhändler. Den BKAlern geht es offensichtlich nicht um die Aufdeckung von Skandalen, sondern um Geld. Journalisten wie Focus-Mann Hufelschulte nutzen die Informationen zu mehr oder weniger interessanter Crime-Berichterstattung.

Zumindest einmal ist Hufelschulte aber auch sehr unkonventionell mit solchen Informationen umgegangen. Im November 2002 rief er den Agenten Mauss an und teilte ihm mit, dass ein Nachrichtenhändler Unterlagen zu einer Aussage besitze, die Mauss kurz zuvor im BKA gemacht hatte. Mauss will dann von Hufelschulte „erpresst“ worden sein. Hufelschulte habe nur gegen Geld von einer Veröffentlichung absehen wollen, „die für mich und meine Familie lebensgefährlich war“, so Mauss im Interview. Tatsächlich zahlte Mauss später 4.000 Euro und bekam die Unterlagen.

Hufelschulte hat angekündigt, dass er Mauss wegen Verleumdung verklagen wird. Nach Darstellungen aus seinem Umfeld habe Hufelschulte den Agenten nur informieren wollen, dass die brisanten Unterlagen auf dem Markt sind. Eine Veröffentlichung im Focus sei nie geplant gewesen. Mauss habe dann geradezu gebettelt, dass Hufelschulte ihm helfen sollte, eine Veröffentlichung in anderen Medien zu verhindern. Hufelschulte habe das als Vermittler zwar getan, sehe das heute jedoch als großen Fehler.

Mauss hatte das vermeintliche Erpressungsgespräch auf Tonband aufgezeichnet und dem BKA übergeben. BKA-Chef Ziercke hat inzwischen mehrfach erklärt, dass er Mauss für „glaubwürdig“ hält, soweit es um das „aufgezeichnete Verkaufsgespräch“ geht. Interessiert war Ziercke allerdings mehr an der Aufklärung des Lecks in seinen Reihen als an einer möglichen Erpressung. Er erstattete deshalb Strafanzeige. Von 2002 bis 2004 ermittelte die Staatsanwaltschaft wegen Geheimnisverrats.

Wie Oberstaatsanwalt Stern versicherte, wurde auch damals nicht wegen Erpressung ermittelt. Daraus kann man den Schluss ziehen, dass er Mauss für weniger glaubwürdig hält und auch der Inhalt des Tonbandes nicht die Erpressungsversion von Mauss stützt.

Hufelschulte wurde von der Staatsanwaltschaft nicht über das ergebnislos eingestellte Ermittlungsverfahren informiert. Möglicherweise hofften die Ankläger auf eine spätere Wiederaufnahme. Erst Ende 2005 erfuhr Hufelschulte von den Ermittlungen. Mauss sagt, dass Innenstaatssekretär August Hanning den Journalisten informiert habe. Überhaupt bestehe der Verdacht, dass Hanning die wichtigste Quelle von Hufelschulte im Staatsapparat gewesen sei. Beweisen kann Mauss dies freilich nicht.

Gestern hatte die taz über Passagen des Bundestagsberichts zur BND-Journalisten-Affäre berichtet, deren Veröffentlichung Hufelschulte gerichtlich verhindert hat. Der Focus-Redakteur legt Wert auf die Feststellung, dass er bei Hintergrundgesprächen mit BND-Sicherheitschef Volker Förtsch ohne sein Wissen und ohne sein Wollen „abgeschöpft“ worden sei. Eine entsprechende Stellungnahme habe er auch gegenüber dem Bundestagssonderermittler Gerhard Schäfer abgegeben.