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Archiv-Artikel

Spritpreis müsste um 32 Cent steigen

Experten berechnen die Kosten von Umweltschäden durch Autos und Kraftwerke

BERLIN taz ■ Lärm, Abgase, betonierte Flächen – jeder Kilometer, der mit dem Auto zurücklegt wird, belastet die Umwelt und sorgt für einen volkswirtschaftlichen Schaden. Nur, wie hoch ist dieser? Was kosten Krankheiten durch Lärm und Feinstaub, Ernteeinbußen durch Schadstoffe und versiegelte Flächen sowie nicht zuletzt die Folgen des Klimawandels? Das Umweltbundesamt (UBA) in Dessau hat gerechnet und kommt zu dem Schluss: Pro Kilometer mit dem Pkw würden knapp drei Cent fällig. Umgerechnet auf den Liter Sprit wäre dies ein Zuschlag von 32 Cent. Für einen Lkw errechnet das UBA zusätzliche Umweltkosten von 17,4 Cent pro Kilometer, die bei der Berechnung von Mautgebühren herangezogen werden könnten.

„Diese Kosten tragen wir alle ohnehin“, sagte UBA-Präsident Andreas Troge am Montagabend in Berlin. Bislang finanziert aber jeder Steuerzahler und jedes Krankenkassenmitglied die Schäden des Autoverkehrs. „Jetzt geht es darum, diese Kosten den Verursachern zuzurechnen.“

Und diese auch genau zu benennen. Von den 2,9 Cent sogenannter externer Kosten pro Kilometer beim Pkw sind 1,2 Cent Klimakosten, 0,5 Cent müsste der Autofahrer für die Luftverschmutzung zahlen, 0,4 Cent für die theoretische Renaturierung der genutzten Flächen und 0,8 Cent für Lärm und die von ihm verursachten Krankheiten und Mietminderungen. Für ein Auto, das 100.000 Kilometer hinter sich gebracht hat, käme so ein zusätzlicher Preis von 3.000 Euro zusammen.

Auch die Stromerzeugung hat das UBA unter die Lupe genommen. So müsste eine Kilowattstunde Strom aus Braunkohle 6,9 Cent mehr kosten, um die dadurch verursachten Umweltschäden zu decken. Bei Steinkohle sind 5 Cent, bei Gas nur noch 1,9 Cent fällig. Über die Kosten der Atomenergie wollte sich Troge wegen „nicht valider Studien“ dagegen nicht äußern.

Allerdings gibt es auch bei den vorgelegten Berechnungen viele Unsicherheiten. Wie hoch wird der Preis für eine Tonne Kohlendioxid angesetzt? Wie kann ein Mensch, der an den Folgen von Feinstaubbelastungen gestorben ist, in diese Bilanz eingerechnet werden? „Gar nicht“, sagt Troge und verweist auf christliche Grundwerte. Allerdings gebe es Forscher, die auf der Grundlage von ausgefallenen Pensionszahlungen auch den vorzeitigen Tod als Faktor in ihre Kalkulationen einbeziehen.

Wie auch immer – ohne zusätzliche Kosten sind die von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) angestrebten deutschen Klimaschutzziele nach Ansicht des UBA nicht zu erreichen. 40 Prozent weniger Kohlendioxid bis 2020 kosten elf Milliarden Euro pro Jahr, sagt Troge. Axel Friedrich, Abteilungsleiter Verkehr beim UBA, verweist aber darauf, dass es viel teurer komme, nichts zu tun. So wären potenzielle Schäden acht- bis zehnmal höher als die Kosten für bessere Wärmedämmung, Filter oder sparsamere Technik, die eben diese Schäden vermeiden. „Die Erfahrung zeigt: Wir unterschätzen die Schäden und überschätzen die Kosten für ihre Vermeidung.“ STEPHAN KOSCH