Ferne Traumwelten

THEATER Regisseur Ulli Lommel inszeniert mit der Musikperformance „The Factory“ in der Schwankhalle anspielungsreich und trashig sein eigenes Leben

Stellen Sie sich vor, Sie haben, im Laufe eines langen Lebens, viel Zeit mit allerlei Celebrities verbracht, mit Avantgardisten, Exzentrikern – also viel zu erzählen: Zeitgeschichte, Anekdoten, Abenteuer. Was machen Sie daraus? Bei Ulli Lommel jedenfalls, dem Schauspieler, Regisseur zahlloser A- wie B-Movies, wurde daraus eine trashige, autobiografisch inspirierte Musikperformance. Donnerstag hatte „The Factory – Marilyn Monroe in Andy Warhols Traumfabrik“ in der Schwankhalle Premiere.

Die Story, im New York der Siebziger angesiedelt, erschließt sich auf Anhieb aber nur jenen zur Gänze, die mit Lommels, mindestens aber mit Warhols Leben etwas besser vertraut sind. Sie spielt in Warhols legendär gewordenen Ateliers, die seinerzeit Treffpunkt von Künstlern wie Freaks, zugleich Drehort und Fertigungsstätte für Pop Art-Kunst war. Lommel kam 1977 an diesen Ort, nachdem er zuvor mit Rainer Werner Fassbinder an über 20 Produktionen gearbeitet hatte, und blieb – unter anderem, um zwei heute als „Kult“ verehrte Filme mit Warhol zu machen.

2010 nun hat der heute liebenswert unprätentiöse Lommel, aus dem fernen Hollywood kommend, in vielfacher Weise gerade in der Schwankhalle diesen Ort wiedererkannt, für ihn dieses Stück geschrieben, inszeniert. Und also auch die ganze Bühne rundum mit Silberfolie ausgekleidet, so wie es Warhols Factory war.

Auch Lommel selbst kommt in diesem Stück vor, gespielt von Anja Wedig, der künstlerischen Leiterin der Schwankhalle. In ihr erscheint der Thirtysomething von damals als etwas naiver Jung-Regisseur, der gerne über Marilyn Monroes Tod einen Film drehen will. Andy Warhol dagegen, von Denis Fischer verkörpert und gesungen, ist beleibe nicht das Denkmal, die Ikone, als die er heute gilt, sondern eher ein unglaublich tuntiger Paradiesvogel, der schräge Leute um sich schart.

Die Geschichte um diese Menschen herum ist eher szenenhaft, sie ist nicht lang, hat aber trotzdem einige Längen, sie hat viele historische Anleihen, ohne uns sagen zu wollen, wie „es wirklich war“. Sie kommt als Traum daher, als Illusionswelt. Sie ist bisweilen oberflächlich. Und hat witzige und musikalische Höhepunkte. Jan Zier

Wieder am 14., 15., 18.-21., 26. Mai