letzte Fragen

Was ist eigentlich ein Spießer?

(14./15. 4.)

Die Hecke um meine vier Wände ist vom Gehweg bis Oberkante Hecke mit Wasserwaage und elektrischem Heckentrimmer auf korrekt zwei Meter getrimmt. Nur kein Neid. Links und rechts vom Gartentor geht sie in zwei siebzig hohe und fünfzig breite Heckentürme über. Sieht brutal gut aus. Die Heckentiefe ist durchweg genau sechzig. Schaffe selbstredend nur ich. Weil keiner fähig ist, fachmännisch wie ich Hecken zu schneiden. Mitte Februar, Mitte Mai, Mitte August, Mitte November. Von sieben bis eins und von zwei bis halb acht. Wenn ich schon die widerlichen Auswüchse an der Hecke beim Schulze sehe. Um diese Jahreszeit. Sind doch alles Idioten. Von Tuten und Blasen keine Ahnung. Wenn der nur einen Funken Grips von mir hätte. Und was der Schnecken im Garten hat. Eine Zumutung ist das. Bei den Schrebergartenfreunden e. V. würde der glatt rausgeschmissen. Ach was, gar nicht erst aufgenommen. Aber einen fetten Daimler fahren. Der nie richtig gewienert ist. Und die Frau arbeiten gehen lassen. Obwohl man es nicht nötig hat. Kein Wunder. Ob da je was Anständiges auf den Tisch kommt? Möchte mal wissen, wie bei dem die Aktien stehn, hahaha. Wenn bloß alle so wären wie ich.

Ich (Stefanie Lang)

Im Grunde genommen ’ne arme Sau.

Christoph Schmid, Neustadt/Weinstr.

Teil einer revolutionären Bewegung oder kleinerer oder auch größerer NGOs, die sich gegen das Gewaltmonopol des Staates richtet/richten und das Recht eines jeden (freien) Bürgers propagieren, sich zu bewaffnen (um gegen staatliche oder Behördenwillkür gewappnet zu sein): mit nämlich Spießen, beispielsweise. Die Avantgarde der Spießer trifft sich klandestin zumeist in geeigneten Räumlichkeiten, in welchen man den Umgang mit Waffen übt, sogenannten Paukböden, auf denen gepaukt wird. Man predigt Einigkeit und Recht und Freiheit und ein deutsches Vaterland und ist organisiert in Burschenschaften: in den Jahren um 1848. Am Rande dieser Bewegung sind auch Leute wie Richard Wagner und Karl Marx anzutreffen: Spießbürger, nicht zu verwechseln mit Spießgesellen, welche etwa ein- oder zweihundert Jahre früher vorkommen. Heute hingegen pflegt man in vergleichbaren Kreisen grün zu wählen oder gibt es zumindest vor: Attac(cke)!

Ullrich Sack-Bernstiel, Tewel-Moor

Eine Person, deren Glaubenssätze und Sichtweisen, all ihr Handeln/Denken so berechenbar, eintönig und wenig explorativ gestaltet sind wie die stetigen Umdrehungen von Grillhähnchen oder Kebab am Spieß. Bei Spießern wird hier im Laufe der gleich bleibenden „Denkbewegungsrichtung“ leider nichts knuspriger oder würziger, sondern diese bewirkt eher die Geschmacksnote „fad und langweilig“.

Manuel Schiefer, Bielefeld

Endlich die Frage zu einer von mir seit langem heiß geliebten Antwort! Zwar ist es eher die Antwort auf „Was ist eigentlich (s)Spießig(keit)?“, aber das Folgende trifft letztlich auch auf die Frage von Herrn Maas zu: Entgegen der gängigen Meinung, dass Spießigkeit (in etwa) eine sich durch äußere Merkmale (Häkeldeckchen auf dem Fernseher u. dgl.) ausdrückende konservativ-bürgerliche Engstirnigkeit ist, schlage ich vor, all diejenigen spießig zu nennen, die Dinge tun, weil „man das so machen muss, was würden denn sonst die anderen denken“. Wer also meint, er müsse sich mit Häkelaccessoires und einer Schrankwand in Eiche rustikal ausstatten, weil ihn die Nachbarn sonst für unseriös halten, ist ebenso spießig wie der, der sich die Hiphop-Hosen nur anzieht, weil ihn die posse sonst für uncool hält. – Der in seine Schrankwand ernsthaft Verliebte ist im Umkehrschluss ebenso unspießig wie der, der mit genauso großer Hingabe seine Möbel aus Bananenkartons und Apfelsinenkisten liebt. Dirk-Lorenz, Leipzig

Eigentlich ein angesehener und in einer Zunft organisierter Bürger des Mittelalters, der als Milizionär seine Stadt gegebenenfalls gemeinsam mit den angestellten Berufssoldaten verteidigen musste. Und dafür musste er auch an regelmäßigen Übungen teilnehmen. Einen Helm oder Brustpanzer konnte sich zwar kaum jemand leisten, aber zumindest einen „Spieß“ hatte jeder; von daher der Begriff „Spießer“ oder „Spießbürger“ (die abfällige Bedeutung des verlogenen Obrigkeitsbürgers entstand erst viel später im revolutionär eingestellten Milieu). – Heute zeugen nur noch die Karnevalsvereine im Rheinland von der Tradition der Spießer … Jürgen Kamenschek, Düsseldorf

Ein Bediensteter der Stadtreinigung, der im Park die Papierschnipsel etc. aufspießt. Klaus Hamann, Erfurt

Spießer sind Menschen, die es vorziehen, die Frage „Was ist eigentlich ein Spießer?“ auszuwählen, wenn es möglich wäre, die Frage: „Was würde eigentlich passieren, wenn Brigitte Mohnhaupt Knut den Eisbären erschösse?“ abzudrucken. Dieser Ansicht sind zumindest

Hanna Gudenau und Robert Heuer

Was ist das Dick und Dünn, durch das man zusammen geht? (14./15. 4.)

Das Portemonnaie.

Klaus Hamann, Erfurt

Nicht so christlich besetzt, aber das Gleiche meinend wie „in guten und in schlechten Tagen“. Man geht also zusammen nicht nur durch dickes Glück und dünnes Leid, sondern auch durch dickes Leid und dünnes Glück.

Monika Möller, Berlin

That’s life.

Christoph Schmid, Neustadt/Weinstr.

Analog zu „Dick und Doof“ ist „Dick und Dünn“ eine rhetorische Figur (ein alliterierendes antonymes Hendiadyoin für „alles Mögliche“), die in der positiv gemeinten Redewendung jedoch die Erfahrungstatsache überspielt, dass man sich auch bei entschlossenstem Zusammengehen eine blutige Nase holen kann.

Lothar Picht, Sandhausen

Heute Morgen vor der Haustüre war das Hundekacka und Hundepipi. Wir haben es zusammen aber drüber geschafft und nicht durch gemusst. Als Berliner haben wir schließlich darin Übung. Ludwig Mörl, Berlin

Unerschütterliches Zusammenhalten bei dicker und dünner Luft. Bei dicker Luft wird einem ganz schlecht vor Elend und bei dünner schwindlig vor Glück. Stefanie Lang

Warum steht auf Polizei-Parkplätzen „PoL“ und nicht „POL“ oder „Pol“? (7. 4.)

Das ist ein Ausdruck dessen, wie Polizisten sich fühlen. Vorne groß und hinten groß und in der Mitte klein.

Susann Beecken, Hamburg

Tatsächlich eine interessante Frage. Wo doch sonst unsere Staatsdiener keine Gelegenheit auslassen, alles, was sich nicht wehrt, in VERSALIEN zu schreiben. Wieso nicht in diesem Falle? Ganz einfach: In POL könnte das mittlere Zeichen mit der Ziffer 0 (null) verwechselt werden. Das wäre natürlich eine super Vorlage für allerhand Schabernack. Also lieber kleinschreiben, dann ist klar, dass der Buchstabe o gemeint ist.

Christoph Schmees aus Bremen

Wenn man genau hinschaut, steht da „Pol_“ , d. h. ein l wird eingespart. Poll kennt man aus der EDV und das heißt: Leitung unterbrochen, oder frei übersetzt: „Kein Anschluss unter dieser Nummer!“

Margot Brünner, Reichertshofen

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