: MUSIK
THOMAS MAUCH
Beim Aufräumen meiner Plattensammlung bin ich auf einen guten Grund gestoßen, den neuerlichen Vorstoß in Sachen Quote für deutschsprachige Musiktitel im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zumindest zu bedenken. Auch wenn der Vorstoß von der etwas seltsamen Alternative-für-Deutschland-Partei kommt. Aber die kann ja auch mal recht haben mit ihren Wünschen, schließlich hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk einen Kulturauftrag. Bei dessen Erfüllung kommt man an so einem elektrisierenden Stück Musik eigentlich gar nicht vorbei, das mir eben letzthin beim Aufräumen in die Hände gefallen ist. Es findet sich auf dem Album „Bark“ von Jefferson Airplane, 1971 erschienen, ohne einen wirklichen Hitparaden-Hit. Was überhaupt nichts macht, weil da ja dieses Stück zu hören ist mit dem hübschen Titel „Never Argue with a German If You’re Tired“ und diesen tollen Zeilen: „Streiten Sie nicht mit einem Deutschen, wenn Sie müde sind / Mein Auto fährt sehr schnell, aber es rast gegen Mauern“. Grace Slick singt sie. Sie singt es deutsch. Und so was will man jeden Tag im Radio hören, da braucht es eine Quote. Weil man das Deutsche ja nicht wirklich nur den Deutschen überlassen sollte.
Gegen Deutsch als Singsprache gibt es also gar nichts einzuwenden. Auch muttersprachlich kommt man da auf manche hübsche Lösung. Eine kleine Lese für diese Woche. Heute am Donnerstag im Privatclub etwa Die Sonne, eine Ausgründung des Kölner Popduos Wolke, in der neuen Band zu fünft unterwegs. Gerade ist bei Tapete das Debütalbum erschienen mit einem mit heftiger rockenden Zwischenschüben versetzten Liedermacherpop mit so seltsam schillernden Sätze wie „der Film ist vorbei, es siegen die Bösen“. Dazu gibt es den frischen Deutschpop von Isolation Berlin (Skalitzer Str. 85, 20 Uhr, 11 €). Deutsch ja, und Pop eher nicht gibt es am Samstag im Ausland mit Safi, dem Noiserocktrio aus Leipzig um die Frontfrau Safi, die in den Texten einer assoziativ sich verkettenden Trümmersprache folgt, so wie sich die Band auf Soundcloud vorstellt: „Safi rebelliert, regnet, reinigt, rauscht, raunt, rauft, röhrt, rödelt …“ (Lychener Sr. 60, 22 Uhr, 10 €). So bräsig „Deutschrock“ möchte man das jedenfalls nicht nennen, genauso wenig wie das, was Ex-Wuhling-Gitarristin Anne Rolfs zusammen mit dem Schlagzeuger Mathias Brendel macht, die als Auf Textverdichtungen über einer präzise verfugten, wuchtigen Klangarchitektur schweben lassen, am Montag in der Berghain-Kantine (Rüdersdorfer Str. 70, 21 Uhr, 11 €).
Und noch mal: „Mein Auto fährt sehr schnell, aber es rast gegen Mauern.“
Alternative für Deutschland heißt doch wohl, dass Deutschland nicht alternativlos ist.