: Sarrazin rechnet Berlin reich
Finanzsenator Sarrazin freut sich über eine Milliarde Euro Gewinn von Landesbank, Vivantes & Co. Grüne und FDP halten die Bilanz der Landesunternehmen für geschönt
Lob äußert der Finanzsenator eigentlich selten. Gestern jedoch machte Thilo Sarrazin (SPD) davon ausgiebig Gebrauch: „Wenn ich noch bei dem Unternehmen Bahn wäre, würde ich sagen, das Unternehmen Berlin ist börsenfähig.“ Die 62 Berliner Landesunternehmen haben laut dem Sparsenator 2006 unterm Strich einen Gewinn von 1,02 Milliarden Euro eingefahren – ein Plus von 35 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Doch die Opposition mag Sarrazin diese Rechnung nicht glauben.
Der Finanzsenator argumentiert so: Sparen und Umbauten in den Landesunternehmen haben dazu geführt, dass binnen fünf Jahren aus 1,16 Milliarden Euro Verlust im Jahr 2001 ein fast ebenso gewaltiges Plus geworden ist. Insbesondere der in Landesbank Berlin umbenannten Bankgesellschaft sei das zu verdanken. Das zum Verkauf stehende Unternehmen allein habe 665 Millionen Euro zum Gewinn beigetragen. Der Klinikkonzern Vivantes habe im dritten Jahr in Folge ein positives Jahresergebnis erzielt. Selbst die hoch verschuldete BVG liege im Plus, trotz gekürzter Landeszuschüsse. Kurz: Die Landesunternehmen mit einem Gesamtjahresumsatz von 7,7 Milliarden Euro und fast 55.000 Beschäftigten seien „ein richtig großer Konzern“, der Sanierungskurs des Senats zeige Früchte.
Grüne und FDP halten das für Augenwischerei. Grünen-Finanzexperte Jochen Esser rechnet vor: „Drei Viertel des Überschusses beruhen auf Vermögensverkäufen und anderen Einmaleffekten.“ Die dicksten Brocken bildeten der Verkauf der Berliner Bank (438 Millionen Euro), der Außenwerbefirma VVR-Berek (100 Millionen Euro) und landeseigener Wohnungen (66 Millionen Euro). Obendrein blieben die BVG und die Bäderbetriebe von Landesgeld abhängig, urteilt Esser: „Beide Unternehmen werden nicht mehr aus eigener Kraft aus den roten Zahlen herauskommen.“
Die FDP hält bekanntlich nichts vom Staat als Firmeneigner. Deren wirtschaftspolitischer Sprecher Volker Thiel forderte daher gestern den Verkauf aller Landesbeteiligungen: „Das Land wird nie ein guter Unternehmer sein.“ MATTHIAS LOHRE