: Prodi geht unter die Parteigründer
Auf Betreiben des italienischen Regierungschefs wollen sich die Linksdemokraten und die „Margherita“ zu einer Organisation zusammenschließen. Damit stärkt er seine Stellung. Der Schritt bedeutet zugleich das endgültige Ende der Kommunisten
AUS FLORENZ MICHAEL BRAUN
Endlich bekommt Italiens bisher parteiloser Ministerpräsident Romano Prodi die von ihm herbeigesehnte Partei. Auf zwei Kongressen beschlossen am Wochenende Italiens Linksdemokraten unter Piero Fassino und die „Margherita“ unter Francesco Rutelli, sich binnen Jahresfrist im „Partito Democratico“ zusammenzuschließen.
So sehr das Ziel die beiden Parteien eint, so unterschiedlich waren doch die beiden Kongresse. Nüchtern und routiniert wickelte die Margherita – erst vor sechs Jahren aus dem Zusammenschluss mehrerer christ- und liberaldemokratischer Kleinstparteien entstanden – in Rom den Beschluss zur Auflösung in der neuen Kraft ab. Piero Fassino dagegen konnte, genauso wie zahlreiche Delegierte, am Samstagnachmittag in Florenz die Tränen nicht zurückhalten, als er mit seinem Schlusswort auch den Schlussstrich unter die Geschichte der Linksdemokraten zog. Begonnen hatte jene Geschichte im fernen 1921, mit der Gründung der Kommunistischen Partei Italiens. Zwar hatte die KPI im Jahr 1991 endgültig die Abkehr vom Kommunismus vollzogen und sich zur Partei der Linksdemokraten umgegründet, doch in der Mitgliedschaft im Funktionärskörper und in der Parteifolklore hatte eine hohe Kontinuität zur KPI geherrscht.
Stattdessen soll eine politische Kraft „des 21. Jahrhunderts“ entstehen, die „nicht zurückschaut, sondern nach vorn“, wie ihre Anhänger unentwegt erklären. Auf dem Papier darf Romano Prodi sich in der Tat durch die angestrebte Neugründung deutlich gestärkt fühlen. Gleich 16 der 25 Minister seines Kabinetts werden den „Democratici“ angehören, die zugleich in beiden Häusern des Parlaments die weitaus stärksten Fraktionen der Mitte-links-Koalition stellen.
Eben dies war das zentrale Kalkül, aus dem heraus Prodi seit seiner Rückkehr in die italienische Politik im Jahr 2004 die Bildung der Demokratischen Partei gefordert hatte. Die Linksdemokraten mit ihren etwa 17 Prozent und die bei 10 Prozent liegende Margherita waren neben den zahlreichen Miniparteien auf der radikalen Linken wie auch in der Mitte bisher nicht in der Lage, ein wirkliches Kraftzentrum in der Koalition zu bilden. Zugleich rivalisierten Linksdemokraten und Margherita, die in vielen Fragen der Wirtschafts- und Sozial- ebenso wie der Außenpolitik sehr nahe beieinander liegen, um die Wähler der gemäßigten Linken und der Mitte.
Ein weiteres Argument der Befürworter lieferten die Parlamentswahlen von 2006. Damals traten die beiden Parteien für das Abgeordnetenhaus mit der gemeinsamen „Ölbaum“-Liste an, die auf gut 31 Prozent kam, während die separaten Parteilisten im Senat zusammen nur 28 Prozent erreichten.
Dem linken Flügel der Linksdemokraten reichten diese Argumente nicht. In der Urabstimmung an der Parteibasis erhielt der Vorsitzende Piero Fassino zwar 75 Prozent für seinen Leitantrag, 15 Prozent aber sprachen sich für den Leitantrag des Wissenschaftsministers Fabio Mussi aus, der das Fusionsprojekt kategorisch ablehnt, und weitere 9 Prozent gingen an einen Antrag, der große Skepsis äußert.
Mussi argumentierte, Italien brauche eine Partei, die fest in der europäischen Parteifamilie der Sozialdemokraten verankert bleibe. Er erklärte den Auszug seines Flügels aus der Partei – das Vereinigungsprojekt begann so mit einer Spaltung. Einer Spaltung allerdings, die recht undramatisch ohne Schreierei und Saalschlachten, sondern unter wechselseitigen Umarmungen und Respektsbezeugungen abgewickelt wurde. Schließlich sehen sich Mussi und die andren schon in der nächsten Woche an Prodis Kabinettstisch wieder.
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