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Archiv-Artikel

Es kommt ein Schiff geladen

Das Giftmüllgeschäft mit Australien wird wohl glatt über die Bühne gehen. Für den Bundesverband der Entsorger ist Giftentsorgung ein lukrativer Wirtschaftszweig

VON PASCAL BEUCKER

Die Lieferung von 22.000 Tonnen hochgiftigen Sondermülls aus Australien in die Bundesrepublik scheint nicht mehr aufzuhalten zu sein. Etwa zwei Wochen werde es dauern, bis die australischen Behörden alle Dokumente eingereicht hätten, heißt es im schleswig-holsteinischen Umweltministerium.

Noch im Mai könnte die erste Ladung eintreffen, frohlockt der Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft (BDE). Nachdem die Opposition im australischen Parlament nun doch ihre kritische Haltung zum Export von rund 22.000 Tonnen mit Hexachlorbenzol (HCB) kontaminierten Abfall aufgegeben und auch das Umweltbundesamt sich für den Transport ausgesprochen hat, gilt die Genehmigung der Giftmüllverschiffung nur noch als Formsache.

Deswegen hat der BDE für heute Vormittag nach Herten zu einem „Pressehintergrundgespräch mit Führung durch eine der modernsten Verbrennungsanlagen für gefährliche Abfälle in Europa“ eingeladen. Der Verband ist um eine Imageverbesserung des Gilftmülltourismus bemüht – speziell des so lukrativen aus Australien. „Zum Teil wurde sehr emotional über den Sinn und die möglichen Nordrhein-Westfalen Gefahren des Imports gefährlicher Abfälle diskutiert“, beklagt sich der BDE. Dabei sei doch die Giftmüllentsorgung nicht nur für viele Unternehmen „ein wichtiges wirtschaftliches Standbein“ – sondern auch gelebter Umweltschutz: „Wer den Import gefährlicher Abfälle nach Deutschland kritisiert, fördert indirekt andernorts geringere ökologische Standards oder den Einsatz einer schlechteren, bedenklicheren Technik.“

In der vergangenen Woche hatte das Umweltbundesamt der Verschiffung von 60.000 Fässern Giftmüll aus Down Under sein Plazet erteilt. Die Entsorgung von HCB-Abfällen in Deutschland sei eine „umweltgerechte Lösung“, verkündete die zentrale Umweltbehörde der Bundesrepublik. Nach Kenntnis des UBA verfüge Australien „nicht über Entsorgungsanlagen, die technisch so gut ausgerüstet sind wie in Deutschland“. So seien die dortigen Anlagen für den Großteil der Giftabfälle nicht geeignet oder besäßen keine ausreichenden Kapazitäten, um die Abfälle in einem vertretbaren Zeitraum zu entsorgen. Erfolge der Transport des HCB „ordnungsgemäß, entstehen keine Gefahren für die Gesundheit des Menschen und die Umwelt“, erklärte die in Dessau ansässige Behörde. Auch aus dem australischen Parlament ist mittlerweile kein Widerstand mehr zu erwarten. „Wir sehen jetzt ein, dass die einzige sichere Entsorgung der Export nach Deutschland ist“, sagte Peter Garrett, der Umweltsprecher der oppositionellen Labor-Partei in Canberra.

Die mit HCB kontaminierten Abfälle stammen aus dem südlich von Sydney gelegenen „Botany Industrie-Park“ und gehören dem umsatzstärksten australischen Chemieunternehmen Orica. Ziel der geplanten vier Schiffsladungen ist der Hafen von Brunsbüttel. In der dortigen Sonderabfallverbrennungsanlage soll vor allem der hoch mit HCB belastete Müll verbrannt werden, rund 10.000 Tonnen. Der Rest soll ins Leverkusener Bayerwerk gebracht und mit Lastwagen verteilt werden: 5.600 Tonnen in die Bayer-Verbrennungsanlagen Dormagen und Leverkusen-Bürrig, 5.000 Tonnen ins RZR in Herten. Die Hertener Anlage gehört zu einem regionalen Träger, der AGR, einer Tochter des Regionalverbandes Ruhr.

Alleine in NRW haben Umweltverbände über 11.000 Unterschriften gegen den Giftmüllimport gesammelt. Auch der NRW-Umweltminister sprach sich dagegen aus: Wenn er auch keine rechtliche Möglichkeit sehe, den Transport zu verhindern, so bleibe er bei seinem „Standpunkt, dass ein Import von gefährlichen Abfällen aus einem weit entfernten und hochindustrialisierten Staat wie Australien nicht befürwortet werden kann“, so Eckhard Uhlenberg (CDU).