: Cromme Geschäfte
ThyssenKupp-Mastermind Gerhard Cromme soll den Siemens-Konzern aus dem Schmiergeldsumpf befreien
Der Mann galt den Arbeitern von Krupp über viele Jahre als eine der „hässlichsten Fratzen des Kapitals“. Gerhard Cromme, Aufsichtratschef des ThyssenKrupp-Konzerns, hat sich seinen Ruf als kompromissloser Sanierer und „kreativer Zerstörer“ (FAZ interpretiert Schumpeter) vor allem in den 80er und 90er Jahren erarbeitet. Als er im Jahr 1988 nach monatelangem Arbeitskampf die Schließung des Krupp-Werkes in Rheinhausen verkündete, dankte es ihm die Belegschaft mit üblen Beschimpfungen und faulen Eiern.
Noch Jahre später prangt auf den roten Mauern der Hallen des „Bochumer Vereins“ – strategisch klug gegenüber der bald ausgedienten Firmenzentrale von ThyssenKrupp gelegen – ein Graffiti mit der Aufschrift: „Cromme, wir kriegen dich“. Es stammt aus der Zeit der Werkschließungen und Fusionen. Mittlerweile ist die Aufschrift nur noch rudimentär zu erkennen und die Wut der Kruppianer ist Ruhrgebiets-Geschichte.
Ab heute können sich die Mitarbeiter des Siemens-Konzerns im fernen München den Spruch zu eigen machen: Sie „kriegen“ Cromme – als Vorsitzenden ihres Aufsichtsrates. Der 64-Jährige soll die Nachfolge des geschassten Heinrich von Pierer antreten. Der Merkel-Berater musste auf Druck des Aufsichtsrates seinen Posten aufgeben, nachdem der Konzern nur noch mit roten Zahlen und schmierigen Geldern in den Schlagzeilen auftauchte.
Mit Cromme hofft Siemens nun, den richtigen Mann gefunden zu haben. Der „Manager des Jahres 1992“ gilt als Saubermann der Szene. Ein ThyssenKrupp-Sprecher bezeichnet ihn als „eher scheu“, Interviews gibt er selten. Vermutlich hat er keine Zeit dafür. Neben dem Aufsichtratsvorsitz des Stahlkonzerns hat Cromme Mandate in den Kontrollgremien von Allianz, Eon oder Springer. Im Siemens-Aufsichtsrat leitet er bereits den Ausschuss, der die Schmiergeldaffäre aufklären soll. Der Mann weiß schließlich, wie man legal an sein Geld kommt.
Als Chef des Krupp-Konzerns gelang Cromme 1991 mit dem Kauf des Konkurrenten Hoesch die erste „feindliche Übernahme“ an der Ruhr. 1997 wollte er den Coup beim größeren Rivalen Thyssen wiederholen. Zwar scheiterte er im ersten Anlauf am Widerstand des Thyssen-Managements und der Belegschaften. Im März 1999 verschmolzen Thyssen und Krupp freundschaftlich zur ThyssenKrupp AG – dem größten Stahlkonzern Deutschlands. HOLGER PAULER