AUS GEGEBENEM ANLASS: In der U-Bahn
Igor: Und diese angeblich humanistischen Schriftsteller wissen über all das Bescheid? Über die Liebe und den Schmerz und so? Kennen die das genau?
Verleger: Das sind jetzt ein paar Fragen zu viel. Cicero sagt dazu …
Igor: Dass der Mensch etwas Bejahenswertes sei, und nur durch die Erziehung wird das junge Wesen zum vollwertigen Menschen, das wissen wir. Aber sollen diese Schriftsteller uns erziehen? Von wem wurden die denn erzogen? Und was den Teil betrifft, in dem Sie andeuten, dass ich zu viele Fragen auf einmal stelle, kann ich nur antworten, dass es bedeutend zu wenige sind. Das war nichts weiter als die Idee einer Frage …
Andrej: (lacht) Was du redest! Woher soll der Typ das denn alles wissen, ist der vielleicht Schriftsteller? Behauptet der, er wüsste etwas über die verschissene Liebe und den verkackten Schmerz oder irgendwelche sinnlosen Urformen? Nein! Er muss zu einer Quartalsbesprechung, und das pünktlich, denn wenn er nicht pünktlich kommt, gibt es Ärger, und wenn es Ärger gibt, dann muss er nie wieder zu einer Quartalsbesprechung, geschweige denn zu einer Weihnachtsfeier … Und dann darf er auch nie wieder die Praktikantin auf seinem beeindruckenden Schreibtisch vögeln …
Verleger: Was Sie so wissen.
Andrej: Na, was Sie so wissen. Denken Sie, das sieht man nicht? Ich bin von der Straße, ich weiß, welcher Hund es mit wem treibt … Das steht auf Ihrer Stirn geschrieben. Für die Nummer sind Sie bereit, ein ganzes Jahr gequält zu werden. Nur für diese fünf Minuten auf der Weihnachtsfeier … JURI STERNBURG
■ Auschnitt aus dem Drama „Der Penner ist jetzt wieder woanders“, mit dem Juri Sternburg, der auch Autor vieler „Berliner Szenen“ ist, einen Förderpreis für neue Dramatik gewann und damit eine Uraufführung am Maxim Gorki Theater
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