Es gibt Alternativen

betr.: „Auch USA & Japan planen. CO 2 -freies Kraftwerk“, Kurzmeldung, taz vom 23. 4. 07

Was ist wirklich von der neuen Technik zu halten, die uns verspricht, aus schmutziger Kohle saubere Kohle zu machen?

1. Es gibt sie gar nicht. Bislang existieren nur kleine und mittlere Versuchsanlagen zur CO2-Abscheidung und -Lagerung. Ob die Technologie jemals umweltverträglich und wirtschaftlich eingesetzt werden kann, ist offen. Selbst der Energieriese Vattenfall geht davon aus, dass ein großes Kohlekraftwerk mit CO2-Sequestrierung nicht vor dem Jahr 2020 fertig gestellt werden kann.

2. Es klingt vielleicht paradox, aber die CO2-Sequestrierung wird die CO2-Produktion gewaltig erhöhen. Die Sequestrierung ist derart energieaufwendig, dass der Wirkungsgrad deutlich sinkt und mehr Kohle verfeuert werden muss, um die für die Abscheidung nötige Energie zu liefern. Das Umweltbundesamt spricht von einer Erhöhung des Ressourcenverbrauchs bei Steinkohle um den Faktor 1,6 und bei Braunkohle um den Faktor 1,8.

3. Ob das Wegschließen des CO0 von der Atmosphäre jemals gefahrlos möglich sein wird, steht in den Sternen. Die diskutierten Lagerstätten in früheren unterirdischen Gasspeichern sind in ihrer Aufnahmefähigkeit begrenzt. Bei Austritt der Gase in bewohntem Gebiet drohen Gesundheitsschädigungen der Bewohner bis hin zum Erstickungstod.

4. Gewaltige Verkehrsströme würden die neue Technik begleiten. Pro Kraftwerk und Jahr müsste mit ein bis zehn Millionen Tonnen CO2 gerechnet werden, die in einen kaltflüssigen Zustand versetzt und anschließend an die Lagerstätte gebracht werden müssen.

5. Die Technik ist insgesamt unglaublich aufwendig und teuer. Das ist nicht ein kleiner Katalysator, der zugebaut werden kann. Zur Abscheidung müssen vielmehr Anlagen errichtet werden, die ähnlich komplex sind wie das eigentliche Kraftwerk. Das UBA schätzt die zusätzlichen Kosten auf 20 bis 50 Euro pro abgeschiedene Tonne CO2.

Die vier großen Stromkonzerne planen, in den nächsten Jahren 19 neue große Kohlekraftwerke zu bauen – mit dem vagen Versprechen einer Nachrüstung mit CCS. Doch es spricht nichts dafür, ihnen einen Freifahrtschein für den Bau neuer CO2-Schleudern auszustellen, zumal es Alternativen gibt. SYLVIA KOTTING-UHL, MdB,

Bündnis 90/Die Grünen, Berlin